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Science & Exploration

Bilder der ISS von der Tsunami-Katastrophe in Nordjapan

01/03/2012 932 views 1 likes
ESA / Science & Exploration / Human and Robotic Exploration / International Space Station Benefits for Humanity

Am 11. März 2011 traf das Tohoku-Erdbeben – mit einer Stärke von 9,0 eins der stärksten Erdbeben seit Beginn der Aufzeichnungen – die Ostküste Japans. Ausgelöst wurde das Beben durch tektonische Verschiebungen zwischen der pazifischen und der nordamerikanischen Platte. Die Folge war ein Tsunami, der einen großen Teil der Ostküste der Insel Honshu überflutete. Außer dem tragischen Tod vieler Menschen sowie ungeheuren Zerstörungen an Gebäuden, der Infrastruktur und in der Landwirtschaft richtete der Tsunami auch im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi erhebliche Schäden an. Radioaktive Strahlung trat aus und es besteht die Gefahr langfristiger Folgen für die Umwelt.

Die Besatzung der ISS reagierte schnell und fertigte eine Reihe aussagekräftiger Aufnahmen der vom Tsunami überschwemmten Region an. Das Bild zu diesem Artikel, aufgenommen am 13. März 2011 von einem ISS-Astronauten, zeigt die betroffenen Gebiete an der japanischen Nordküste östlich von Sendai. Auf dem Bild ist der Ort Higashimatsushima aus einer Höhe von 350 km zu sehen. Landwirtschaftliche und Siedlungsflächen sind von schlammigem Wasser überflutet, während die kreuz und quer verlaufenden Rollbahnen des Flughafens Matsushima noch zu erkennen sind.

Die Besatzungsmitglieder der ISS, alles andere als unbeeindruckte Beobachter der Katastrophe, sprachen den Menschen in Japan per Video, Funk und E-Mail ihr tiefstes Mitgefühl aus. Auf einer Pressekonferenz an Bord der ISS am 13. April sagte der Kosmonaut Alexander Samokutjaew: „Diese Tragödie, die alle Menschen auf der Welt erschüttert hat – diese schreckliche Naturkatastrophe, die die Inselnation Japan heimgesucht hat –, sie schmerzt auch die Menschen in Russland zutiefst. Unsere Länder sind benachbart. Eine Tragödie wie diese kann sehr leicht auch uns treffen. Daher wäre es aus unserer Sicht wünschenswert, die Überwachungsmöglichkeiten zu verbessern. Sollte es – was Gott verhüten möge – wieder irgendwo auf der Welt zu Naturkatastrophen kommen, wird die Wissenschaft weltweit vielleicht neue Möglichkeiten haben, das Geschehen zu beobachten.“

Und der Astronaut Ron Garan ergänzte: „Wir möchten nur sagen, dass die Stärke unsere internationalen Partnerschaft darin liegt, dass wir alle zusammen sind und einander unterstützen – in guten und in schweren Zeiten.“ Das Erdbeben vom 11. März beschädigte auch mehrere Ölraffinerien schwer und in einigen davon kam es zu Bränden. Infolgedessen trat Öl aus und floss in die Bucht von Ishinomaki. Auf dem Foto sieht man, wie das Glitzern des reflektierten Sonnenlichts auf der Meeresoberfläche die Ölflecken betont: Ein Ölfilm glättet die Wasseroberfläche, so dass diese das Sonnenlicht stärker reflektiert. Ölbedeckte Flächen erscheinen auf dem Bild daher heller als ölfreie Stellen. Allerdings können auch andere Phänomene das Wasser heller erscheinen lassen, insbesondere in Ufernähe.

Das Bild unterstreicht zwei Besonderheiten der ISS als Plattform für Erdbeobachtung und Katastrophenhilfe. Zum einen kann die Besatzung die Reflexionen des Sonnenlichts auf Wasserflächen mit ihren digitalen Handkameras häufiger und kontrollierter aufnehmen, als dies mit den meisten Satellitensystemen in der Regel möglich ist. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise stehende Wasserflächen auf Landgebieten besser ausmachen und kartieren und auch Regionen, in denen aufgrund von Verschmutzungen besondere Gefahren für Umwelt und Gesundheit bestehen, sind gegebenenfalls besser zu erkennen. Echtfarbenbilder wie dieses in unterschiedlichen Pixelauflösungen können auch an Helfer auf der Erde gesendet werden und sind unmittelbar verständlich – mit wenig oder ganz ohne Nachbearbeitung.

Zum anderen ist die ISS als Fernerkundungsplattform neben den von der Besatzung zu bedienenden auch mit autonomen Sensorsystemen ausgestattet. Die Daten dieser autonomen Systeme und die Aufnahmen der Besatzung als „menschlichem Faktor“ ergänzen einander bei der Dokumentation von Naturereignissen, Landschaftsmerkmalen und Katastrophen auf der Erde in einzigartiger Weise und verhelfen den so gewonnenen Fernerkundungsdaten zu ungeahnter Aussagekraft.

William L. Stefanov
Science Applications, Research and Development Department, Jacobs

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