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Die obige Bildfolge zeigt die besten HICO-Aufnahmen vom Dezember 2010 mit Detailangaben zu den einzelnen Bildern.
Science & Exploration

HREP-HICO: nie da gewesene Bilder von den Küstenregionen der Erde

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ESA / Science & Exploration / Human and Robotic Exploration / International Space Station Benefits for Humanity

Bei der Erderkundung von einem so außergewöhnlichen Standpunkt wie der Internationalen Raumstation mit ihrer niedrigen Umlaufbahn geht es um mehr als nur um die phantastische Aussicht. Das Experiment HREP (HICO and RAIDS Experiment Payload) zum Beispiel, bestehend aus den beiden Instrumenten HICO (Hyperspectral Imager for the Coastal Ocean) und RAIDS (Remote Atmospheric and Ionospheric Detection System), erzeugt noch nie da gewesene Bilder von den Küstenregionen der Erde.

HICO ist ein abbildendes Spektrometer, installiert an der Außenplattform des japanischen Labormoduls Kibo. Von seinen Bilddaten erhofft man sich ein besseres Verständnis von Küsten- und anderen Regionen unseres Planeten.

Warum ist das von Bedeutung? Küstengewässer sind eine wichtige Schnittstelle für lokale und globale ökonomische Entwicklungen und die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. In Küstenregionen liegen viele der größten urbanen Zentren der Welt samt ihrer Industriegebiete, Häfen und Freizeiteinrichtungen. In Küstenregionen liegen aber auch wichtige Ökosysteme, die für die Fischereiwirtschaft und den Schutz der Küstenlinien unverzichtbar sind.

Das HREP-HICO-Spektrometer erfasst die Wellenlängen des sichtbaren Lichts sowie des Nahinfrarotspektrums und ist auf die Umweltcharakterisierung von Küstengebieten und die Kartierung geophysikalischer Merkmale der Erde ausgelegt. Dazu Mike Corson, Ph.D. und Forschungsleiter des HREP-HICO-Projekts am Naval Research Laboratory in Washington, D.C.: „Zur Umweltcharakterisierung von Küstengebieten gehört die Kartierung der Wassertiefen in Küstennähe, der Wasserklarheit, der organischen und anorganischen im Wasser gelösten Stoffe und Schwebstoffe sowie der Bodenmerkmale…. Solche Karten sind wichtig für die US Navy und das Marine Corps, die in Küstengebieten operieren.“

Das Payload Operations and Integration Center im Marshall Space Flight Center in Huntsville, Alabama (USA), ist für den Betrieb des HREP-HICO zuständig. Abgesehen von der Montage an der ISS mithilfe eines Roboterarms für Außenbordeinsätze und der künftig irgendwann anstehenden Demontage funktioniert die Datenerfassung mit HREP-HICO automatisch, so dass die Besatzung nicht einzugreifen braucht.

Bilder der Meere sind jedoch schwieriger aufzunehmen, als man denkt. Als erstes abbildendes Spektrometer im Weltraum, das die Küstengebiete der Weltmeere dokumentieren soll, muss HREP-HICO die gewaltige Ausdehnung der weltweiten Küstenlinien, die komplexen Strukturen der Ozeane, die wechselnden Wetterbedingungen und den Sonnenstand berücksichtigen. Alle diese Faktoren können die Sicht auf die Meeresoberfläche und den Meeresboden beeinträchtigen – und im schlimmsten Fall wertlose Bilder ohne brauchbaren Informationsgehalt ergeben.

HREP-HICO erfasst das reflektierte Licht in einer großen Bandbreite von Wellenlängen des sichtbaren Lichts sowie des Nahinfrarotspektrums. Anhand dieser Spektraldaten werden die einzelnen Bildpunkte identifiziert und quantifiziert. Dabei lassen sich atmosphärische Effekte und Reflexionen der Wasserflächen im Nachhinein korrigieren. Zusätzlich dient HREP-HICO noch einem weiteren Zweck: Das Instrument evaluiert die Leistungsfähigkeit der MHSI-Technologie (Maritime Hyperspectral Imaging). Damit soll geprüft werden, ob MHSI die Vorgaben des amerikanischen Verteidigungsministeriums erfüllt. Für die MHSI-Technologie gelten bestimmte Anforderungen an die Bildleistung und es werden bestimmte Algorithmen für den Datenabruf verwendet, die von Wissenschaftlern speziell auf die Situation in Küstenregionen zugeschnitten wurden. „Bei MHSI-Algorithmen greift man oft auf biologische oder physikalische Daten zurück, die für den betreffenden Bildausschnitt relevant sind. Das ist wegen der komplizierten Gegebenheiten in Küstenregionen erforderlich“, so Mike Corson.

Das Office of Naval Research sponsert HREP-HICO als einen INP (Innovative Naval Prototype). Das HICO-Prototypprojekt verfolgt zwei Ziele. Erstens soll es belegen, dass es möglich ist, auf der Basis hyperspektraler Aufnahmen aus dem Weltraum Karten der Küstenregionen und ihrer Merkmale zu erstellen. Zweites soll es Möglichkeiten aufzeigen, die Kosten und den Zeitaufwand für den Bau von Nutzlasten für Weltraummissionen zu reduzieren. In diesem Sinne modifizierten die Ingenieure das Design und verwendeten, wo immer möglich, handelsübliche Bauteile. So gelang es ihnen, HREP-HICO zu einem Bruchteil der Kosten zu bauen, die man sonst für weltraumfähige Systeme veranschlagen muss.

Die Ergebnisse des HREP-HICO-Experiments in Form von Daten zu Meerestiefen, Bodenbeschaffenheit, Wasserklarheit und anderen optischen Eigenschaften des Wassers kommen auch anderen Institutionen zugute, die mit marinen Fragestellungen befasst sind, beispielsweise der NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration). Und auch für andere Zwecke ist HREP-HICO geeignet, beispielsweise zur Erfassung von Bodenbedeckung, Vegetationstypen, Zustand der Vegetation, Umweltstress und Ernteertrag für die Landwirtschaft oder zur Dokumentation von natürlichen und menschengemachten Katastrophen wie der Ölpest im Golf von Mexiko im Jahr 2010.

HREP-HICO trat seine Reise zur ISS am 10. September 2009 an und wurde an der Außenplattform des japanischen Labormoduls Kibo installiert. Damit ist HREP-HICO die erste US-amerikanische Experimentalnutzlast an der japanischen Außenplattform.

Am 25. September 2009 ging HREP-HICO in Betrieb. Dazu abschließend Mike Corson: „HICO hat während der laufenden Mission inzwischen an die 4.000 Hyperspektralbilder von Küstenregionen weltweit aufgenommen. HICO wird seine Missionen im Rahmen des Pathfinder-Programms fortsetzen und Bilddaten für Dutzende von staatlichen und akademischen Forschungsprojekten bereitstellen.“

Arun Joshi, International Space Station Program Science Office
NASA Johnson Space Center

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