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Science & Exploration

neuroArm: Roboterarm mit helfender Hand

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Die geübten Hände, die erfolgreich einen eiförmigen Tumor aus Paige Nickasons Gehirn herausoperierten, hatten eine helfende Hand an ihrer Seite – oder vielmehr einen weltbekannten Roboterarm. Als erster Operationsroboter überhaupt kann der neuroArm eine Operation direkt im Magnetresonanztomographen durchführen. Die dafür nötige Technologie ist aus mehreren Vorgängerprojekten hervorgegangen: dem Canadarm, einer Entwicklung des kanadischen Unternehmens MDA (MacDonald, Dettwiler and Associates) für das amerikanische Space Shuttle-Programm, sowie dem Canadarm2 und Dextre, einer Familie von Weltraumrobotern der Canadian Space Agency, die für Wartungsarbeiten und das Heben schwerer Lasten an Bord der ISS eingesetzt werden.

Die Arbeiten am neuroArm begannen mit der Suche nach einer Lösung für zwei grundlegende Fragen in der Chirurgie: Wie kann man komplizierte Operationen vereinfachen und unmögliche Operationen möglich machen? MDA entwickelte in Zusammenarbeit mit einem Team unter der Leitung von Dr. Garnette Sutherland an der Universität von Calgary einen äußerst präzisen Roboterarm, der in Verbindung mit den hochmodernen, bildgebenden Funktionen von Magnetresonanztomographen (MRT-Systemen) eingesetzt werden kann. Das System sollte Patienten zugute kommen, die im Magnetresonanztomographen operiert werden mussten. Es galt also, einen Roboterarm zu entwickeln, der ebenso geschickt, aber noch genauer und noch ruhiger arbeiten sollte als die menschliche Hand. Dieser Arm durfte weder vom Magnetfeld im MRT gestört werden noch seinerseits die bildgebenden Funktionen des MRT stören.

Daher musste er vollständig aus nicht-magnetischen Materialien konstruiert werden, durfte also beispielsweise keinerlei Stahlbestandteile enthalten. Das Projektteam entwickelte neuartige Steuertechniken für den Roboterarm, der dem Chirurgen nun sogar einen haptischen Eindruck des Operationsgeschehens übermittelt. So kann der Chirurg den Roboter präzise steuern und „mit Gefühl“ operieren. Seit der Operation an Paige Nickason im Jahr 2008 wurden Dutzende von Patienten erfolgreich mit dem neuroArm behandelt. Inzwischen wurde die neuroArm-Technologie von der IMRIS Inc. gekauft, einem börsennotierten Medizingerätehersteller mit Sitz in Winnipeg, Manitoba, Kanada. MDA und IMRIS entwickeln das Konzept zurzeit weiter, um eine zweiarmige Version des Systems auf den Markt zu bringen. Das neue System soll detaillierte, dreidimensionale Bilder des Gehirns anzeigen und dem Operateur beim Umgang mit den verschiedenen chirurgischen Instrumenten und Handsteuergeräten ein Tastgefühl vermitteln, so dass er beim Operieren den Widerstand des Gewebes spüren und den nötigen Druck ausüben kann. Im Moment läuft am Foothills Hospital in Calgary ein klinischer Test unter der Leitung von Dr. Sutherland, bei der die erste Robotergeneration an einer Gruppe aus 120 Patienten erprobt wird. IMRIS hofft, die Zulassung für den Roboter noch im Jahr 2012 beantragen zu können.

Auch MDA setzt bei der Entwicklung medizinischer Lösungen für Patienten auf der Erde weiterhin auf Technologien und Know-how aus der Weltraumforschung. In Partnerschaft mit dem Kinderkrankenhaus SickKids in Toronto, Ontario, arbeitet MDA an der Konzeption und Entwicklung einer hochmodernen technischen Lösung für die Kinderchirurgie mit dem Namen KidsArm. Dieses ausgeklügelte, telechirurgische System, ergänzt durch eine hochpräzise Bildgebung in Echtzeit, soll bei Kleinkindern und Säuglingen zum Einsatz kommen und die Ärzte beim Vernähen feiner Gefäße wie Venen oder Arterien oder bei der Darmchirurgie unterstützen.

Darüber hinaus entwickelt MDA in Zusammenarbeit mit dem Centre for Surgical Invention and Innovation (CSII) in Hamilton, Ontario, ein modernes System für die Früherkennung und Behandlung von Brustkrebs mit dem Namen IGAR (Image-Guided Autonomous Robot – bildgeführter, autonomer Roboter). Dieses soll durch besseren Zugang und größere Genauigkeit präzisere und weniger invasive Operationen ermöglichen.

Bildunterschrift 1: „Hier hat sich der Roboter in meinen Kopf hineingebohrt“. Die 21-jährige Paige Nickason, die erste Patientin, der ein Hirntumor mit Roboterunterstützung entfernt wurde, zeigt die Stelle an ihrer Stirn. „Nachdem der neuroArm mir den Tumor herausoperiert hat, wird er in Zukunft vielen anderen Menschen wie mir weltweit helfen.“

Canadian Space Agency

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