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Science & Exploration

ISSAC beobachtet Überschwemmung in Norddakota von der ISS aus

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Fragt man einen Geologen oder Ökologen nach der Fernerkundung der Erde – also nach dem Sammeln von Daten über Materialien oder Prozesse aus der Ferne, berührungsfrei und ohne Entnahme von Proben –, so denkt dieser höchstwahrscheinlich an Satelliten wie Landsat oder an Sensorsysteme wie ASTER (Advanced Spaceborne Thermal Emission and Reflection Radiometer) oder MODIS (Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer) usw.

Sie alle sammeln von Erdumlaufbahnen aus Daten über Landmassen, Ozeane und die Atmosphäre. Seit den frühen 1970er Jahren war die Fernerkundung der Erde die Domäne von Satelliten auf polaren, sonnensynchronen Umlaufbahnen. Seit die Internationale Raumstation jedoch mit neuen Fernerkundungssystemen ausgestattet wird, ändert sich diese Situation.

Eines der ersten dieser neuen Systeme ist ISSAC (International Space Station Agricultural Camera). ISSAC wurde von einer Fakultät der Universität von Norddakota, USA, und ihren Studenten entwickelt. Hauptzweck ist die Erfassung von Bilddaten für die Landwirtschaft und damit zusammenhängende Forschungsprojekte im oberen Mittleren Westen der USA. Landwirte von heute nutzen Daten einer Vielzahl von Fernerkundungssatelliten, um sich über Wettersysteme und Klimamuster zu informieren und den Zustand ihrer Feldfrüchte zu überwachen. ISSAC soll in der Wachstumssaison die Ackerbaugebiete und andere Landflächen in den Bundesstaaten des Mittleren Westens aufnehmen und damit als weitere Informationsquelle für Landwirte und die landwirtschaftliche Forschung dienen.

Im Gegensatz zu den bereits bekannten Fotos, die die Astronauten aus der ISS im Rahmen des Programms Crew Earth Observations mit digitalen Handkameras aufnahmen, werden die Bilder von ISSAC Ähnlichkeit mit den multispektralen Daten des ASTER-Sensors an Bord des NASA-Satelliten Terra haben. Darüber hinaus soll ISSAC auf der WORF-Plattform (Window Observational Research Facility) installiert werden und funktioniert unabhängig von der ISS-Besatzung.

Das Sensorsystem arbeitet mit zwei digitalen Fotokameras, die mithilfe verschiedener Filter Einzelbilder im sichtbaren Grün- und Rotspektrum sowie im Nahinfrarotspektrum der elektromagnetischen Wellenlängenbereiche aufnehmen. Die Einzelbilder werden zu einem einzigen, multispektralen Bild mit drei Spektralbändern zusammengesetzt. Dank dieser Kombinierbarkeit verschiedener Wellenlängen eignet sich ISSAC besonders gut zur Unterscheidung verschiedener Vegetationstypen und zur Identifikation von Veränderungen der Pflanzendecke und ihres Zustands. Dies sind zwei wesentliche Parameter für landwirtschaftliche Forschungs- und Überwachungsprojekte.

Außerdem können mit ISSAC auch Aufnahmen von Naturereignissen bzw. Naturkatastrophen angefertigt und von der NASA für humanitäre Zwecke verwendet werden. Schon bald nach der Inbetriebnahme bewies ISSAC mit Aufnahmen der Überschwemmung am Souris River in der Gegend von Minot, Norddakota, am 24. Juni 2011 seine Eignung für diesen Zweck. Da ISSAC ähnliche Wellenlängen nutzt wie Landsat, konnten die Wissenschaftler die ISSAC-Aufnahmen problemlos mit früheren Landsat-Daten des Souris-Tals vergleichen und das Ausmaß der Überschwemmung in und um Minot genau erkennen.

Seit ISSAC in Betrieb ist, liefert die ISS Aufnahmen, die mit Bilddaten von Satellitensensoren auf polaren Umlaufbahnen vergleichbar sind. Damit ergänzt ISSAC die herkömmlichen Erdbeobachtungsdaten von Satelliten auf polaren Umlaufbahnen in idealer Weise, denn das System erfasst Bilder zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten und mit unterschiedlichen Frequenzen. Dank der neuen, zum Teil innen auf der WORF-Plattform, zum Teil außen an der ISS installierten Fernerkundungssysteme, wie zum Beispiel ISSAC, hat die NASA erheblich an Möglichkeiten zur Beobachtung und Überwachung natürlicher und anthropogener (menschengemachter) Prozesse und Naturereignisse auf der Erde hinzugewonnen.

Bildunterschrift 1. Vergleichende Aufnahmen von Minot, Norddakota, und dem Souris-Tal bei normalem Wasserstand (oberes Bild, Daten des Landsat Thematic Mapper) und während der Überschwemmung (unteres Bild, ISSAC-Aufnahme). Beide Bilder wurden so bearbeitet, dass aktiv photosynthetisierende Vegetation in Rot hervorgehoben wird. Überflutete urbane Zonen erscheinen graubraun.

William L. Stefanov
Science Applications, Research and Development Department, Jacobs

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