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Ein Astronaut beim Sport auf der Internationalen Raumstation
Science & Exploration

Prophylaktische Bisphosphonatgaben zur Prävention von Knochenabbau auf Weltraumflügen: Bessere Gesundheitsvorsorge für ältere Me

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Knochenabbau und Nierensteine sind zwei schwerwiegende gesundheitliche Probleme, mit denen Astronauten bei längeren Weltraumaufenthalten zu kämpfen haben. Diesen Problemen beugt die ISS-Besatzung durch sportliche Betätigung im Weltraum vor – zweieinhalb Stunden täglich, sechsmal in der Woche, insgesamt also fünfzehn Stunden pro Woche. Dennoch lässt sich die Gefahr durch Sport allein nicht aus der Welt schaffen.

Die Knochen fungieren im Körper als Stützgerüst und Kalziumspeicher. Durch ein ausgewogenes Verhältnis an Knochenabbau und Knochenaufbau erhalten sie sich ihre Festigkeit. In schwereloser Umgebung jedoch entfallen die Belastungsreize, die den Knochenaufbau stimulieren. Dadurch verstärkt sich die Knochenresorption, während die Knochenneubildung im besten Fall gleich bliebt oder sogar zurückgeht. Infolgedessen kommt es zu einem Verlust an Knochenmasse, der etwa zehnmal so hoch ausfällt wie bei einer Osteoporose. Der proximale Femur verliert pro Monat 1,5 Prozent seiner Masse. Das ergibt bei einem sechsmonatigen Weltraumaufenthalt einen Verlust von etwa 10 Prozent. Der Wiederaufbau des Knochens nach der Rückkehr zur Erde dauert mindestens drei bis vier Jahre. Das Kalziumgleichgewicht, also das Verhältnis zwischen Kalziumaufnahme und Kalziumverlust, beträgt auf der Erde etwa null, vermindert sich im Weltraum aber auf etwa –250 mg/Tag, was zugleich das Risiko für Nierensteine erhöht.

Osteoporosepatienten werden schon seit über einem Jahrzehnt mit Bisphosphonaten als therapeutischen Wirkstoffen behandelt. Deren Wirksamkeit für den Aufbau von Knochenmasse und den Schutz vor Knochenbrüchen ist nachgewiesen. Untersuchungen an Patienten auf der Erde, die eine 90-tägige Bettruhe einhalten mussten, bestätigten den vorbeugenden Effekt des Wirkstoffs auf den Knochenabbau. Gestützt auf diese Ergebnisse und auf Studien von anderer Seite führen die JAXA und die NASA gemeinsam ein biomedizinisches Experiment zur Prävention von Knochenabbau im Weltraum durch. Dr. Leblanc, USRA, und Dr. Matsumoto, Universität von Tokushima, leiten die Studie.

Einmal pro Woche nehmen Astronauten Bisphosphonate ein, um dem Knochenabbau im Weltraum vorzubeugen.
Einmal pro Woche nehmen Astronauten Bisphosphonate ein, um dem Knochenabbau im Weltraum vorzubeugen.

Besatzungsmitglieder von JAXA und NASA nehmen daran teil. Sie bekommen während ihres Weltraumaufenthalts einmal pro Woche eine Dosis des Wirkstoffs. Die Studie dauert noch an. Aber erste Resultate weisen bereits darauf hin, dass die Astronauten durch ausreichende Versorgung mit den nötigen Nährstoffen wie Kalzium und Vitamin D und ein effektives Bewegungsprogramm, ergänzt durch gering dosierte Bisphosphonate, ihr Risiko für Knochenabbau und Nierensteine wirksam senken können.

Auch bei bettlägerigen älteren Menschen ist Knochenabbau ein Problem. Allein aufgrund des Alterungsprozesses büßt man in höheren Lebensjahren etwa 1 bis 2 Prozent an Knochenmasse ein. Bei Frauen trägt der Rückgang an weiblichen Hormonen noch zusätzlich zu diesem Verlust bei. Von Osteoporose spricht man, wenn die Knochenmasse eines Menschen 30 Prozent geringer ist als die durchschnittliche Knochenmasse eines jungen Erwachsenen. In Japan sind 11 Millionen Menschen, darunter eine von zwei Frauen ab 70, von der Erkrankung betroffen. Jedes Jahr erleiden in Japan 160.000 Menschen einen Oberschenkelhalsbruch und müssen operiert werden, gefolgt von einer intensiven, dreimonatigen Rehabilitation. Eine solche Operation kostet 1,5 Millionen Yen (ca. 14.000 Euro) pro Person. Jährlich belaufen sich die Therapie- und Pflegekosten für Oberschenkelhalsbrüche in Japan insgesamt auf 66,57 Milliarden Yen (ca. 600 Millionen Euro).

Die drei Schlüsselelemente bei der Prävention von Knochenbrüchen bei älteren Menschen sind Ernährung, Bewegung und Medikation. Die Ernährung sollte ausgewogen sein und kalziumreiche (Milch, Sardinen usw.) sowie Vitamin-D-reiche Nahrungsmittel (Fisch, Pilze usw.) enthalten. Auch Sonnenbäder, allerdings in Maßen, regen die Bildung von Vitamin D an. Bewegung und Sport stimulieren durch Belastungsreize den Knochenaufbau und auch Muskeltraining sollte jeder Mensch in seinen Alltag integrieren. Wer ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche trägt, sollte dieses durch geeignete Medikamente zusätzlich senken.

Astronauten beim Essen in der Internationalen Raumstation
Astronauten beim Essen in der Internationalen Raumstation

So kann die weltraummedizinische Forschung zum Schutz der Gesundheit von Astronauten künftig auch zum Schutz der Gesundheit älterer Menschen beitragen – ebenso wie zur Gesundheitserziehung, die bereits bei Kindern einsetzen sollte.

Hiroshi Ohshima
Space Biomedical Research Office, JAXA

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