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Artemis auf dem richtigen Weg

13/09/2001 601 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Austria

Fachleute von Altel, einem Gemeinschaftsunternehmen von Alenia Spazio und Telespazio, aus dem European Space Operations Centre (ESOC) und den an Artemis beteiligten Firmen arbeiten weiter kontinuierlich daran, den modernsten Kommunikationssatelliten der ESA auf seine geplante geostationäre Bahn zu bringen. Dabei unterstützt das ESOC die komplizierte Aktion mit Know-how und seinen Bodenstationen in Perth (Australien) sowie in Kourou (Französisch-Guayana).

Wenn die Oberstufe der Ariane 510 am 12. Juli richtig gearbeitet hätte, wären beide Kommunikationssatelliten – Artemis (ESA) und BSAT 2b (Japan) – in den korrekten geostationären Transferorbit gelangt, und für die Ingenieure des ESOC in Darmstadt wäre die Unterstützung zur Inbetriebnahme von Artemis am 17. Juli beendet gewesen.
In der Anfangsphase, von den Fachleuten auch Launch and Early Orbit Phase (LEOP) genannt, laufen zahlreiche Aktivitäten ab, die für den späteren Betrieb von Satelliten von großer Bedeutung sind. So werden beispielsweise nach dem Einschuss die genauen Parameter der erreichten Bahn vermessen. Daraus leiten sich die weiteren Manöver ab, um den Satelliten in den vorgesehenen geostationären Orbit zu platzieren. Danach erfolgt eine Validierungsphase, das so genannte Commissioning, in dem Systeme und Geräte an Bord des Raumflugkörpers Schritt für Schritt aktiviert sowie deren Funktion überprüft werden. Die LEOP kann je nach Komplexität der Mission wenige Tage bis zu zwei Wochen dauern. Die Inbetriebnahme der Kommunikationsnutzlasten nimmt hingegen bedeutend mehr Zeit in Anspruch: bis zu mehrere Monate. Am Ende wird der funktionstüchtige Raumflugkörper an die Betreiberstation für die eigentliche Arbeit übergeben.
LEOP benötigt ein weltweites Bodenstationsnetz, um kontinuierlich Kontakt zum Satelliten zu halten. In diesem Fall war das ESOC mit seinen Stationen in Perth sowie in Kourou beteiligt und über einen Daten-Gateway mit der NASA-Station in Goldstone (Kalifornien) verbunden.

Die Rettungsstrategie

Bei Artemis ist nun alles anders. Der innovative Kommunikationssatellit der ESA muss in Abweichung von der Standardprozedur mit Hilfe mehrerer Triebwerke Schritt für Schritt auf die geostationäre Umlaufbahn angehoben werden.
Nachdem die Spezialisten der ESA/ESOC und der Betreiberfirma Altel die Daten der anfänglichen Umlaufbahn ermittelt hatten, wurde ein Szenario mit kombiniertem Einsatz der bordeigenen Triebwerke erarbeitet. Das betrifft zum einen den Apogäumsmotor, also den Antrieb geostationärer Satelliten, der sie normalerweise vom Transfer- in den eigentlichen geostationären Orbit bringt. Und das betrifft zum anderen die beiden elektrischen Ionentriebwerke RITA (Radio-frequency Ion Thruster Assembly)und EITA (Electron-bombardment Ion Thruster Assembly).

Das Szenario umfasst vier Teilschritte. Die ersten beiden Schritte sind bereits erfolgreich abgeschlossen. Artemis befindet sich nach mehreren Zündungen des chemischen Triebwerks – drei im Apogäum und vier im Perigäum – auf einer Kreisbahn in 31 000 km Höhe. Es stehen sogar noch 100 kg Treibstoff für spätere Manöver zur Verfügung. Im ESOC wurden dazu umfangreiche Berechnungen zur neuen Flugdynamik, den Bewegungsabläufen von Artemis und notwendigen Bahnänderungen sowie die daraus abgeleitete Manöversequenz erarbeitet.
Derzeit wird an Schritt drei gearbeitet, bei dem vor allem die Ionentriebwerke eingeschaltet und überprüft werden. Gleichzeitig erarbeiten Ingenieure des europäischen Raumfahrtkonzerns Astrium, dem Hersteller von RITA und EITA, neue Algorithmen für den langfristigen Betrieb ihrer Antriebe. Die Arbeit in diesem Modus war ja eigentlich im Programm nicht vorgesehen.

Das ESOC in Darmstadt unterstützt die bis Ende September vorgesehene Arbeit an Schritt drei mit seinen Bodenstationen in Perth und Kourou, über die wichtige Telemetriedaten empfangen und Kommandos an den Satelliten gesendet werden. Das Bodenstationsnetz schließt darüber hinaus noch die Telespazio-Anlagen in Fucino (Italien) sowie die von der Universität Rom betriebene Anlage in Malindi (Kenia) ein, so dass ein ständiger Kontakt zu Artemis gewährleistet ist.

Der Korkenzieher-Trick

Teile der Ionentriebwerke von Artemis
Teile der Ionentriebwerke von Artemis

Im Schritt vier, der letzten Phase des Rettungsprogramms, sollen die Ionentriebwerke den Satelliten schließlich auf seine geostationäre Bahn bringen. RITA und EITA werden Artemis langsam immer mehr beschleunigen, so dass er auf einer spiralförmigen Bahn – wie auf einem Korkenzieher – auf die erforderlichen 36 000 km angehoben wird.
Elektrische Antriebe benötigen neben der Elektroenergie, die über Solarzellen an Bord gewonnen wird, lediglich ein Gas als "Treibstoff". Bei Artemis ist es Xenon. Das Gas wird durch Energiezufuhr ionisiert und auf etwa 40 km/s beschleunigt, zehnmal soviel wie bei chemischen Triebwerken. Auf diese Art und Weise erzeugt es den Schub. Ionenantriebe können deshalb wesentlich länger als ihre chemischen Pendants arbeiten. Bisher wurden sie fast ausschließlich zur Lagekorrektur von Satelliten im Raum und für kurze Bahnkorrekturmanöver eingesetzt. Das liegt vor allem in ihrer Arbeitsweise begründet. Sie arbeiten zwar energetisch sehr viel effektiver, aber man kann mit ihrer Hilfe nur geringe Beschleunigungen erreichen, was für genaue Korrekturzündungen wiederum von Vorteil ist. Soll ein Satellit mit Ionentriebwerken höhere Beschleunigungen erfahren, müssen diese im Dauerbetrieb über längere Zeiträume arbeiten. Bisher wurde das nur bei der interplanetaren Sonde Deep Space 1 erprobt.

Artemis ab 2002 einsatzbereit

Wenn Schritt vier im Jahre 2002 beendet ist, dienen sowohl der Apogäumsmotor als auch RITA und EITA dem so genannten Station-Keeping, d.h. der Satellit wird lediglich durch Korrekturmanöver auf der erreichten Umlaufbahn gehalten.

Die Rettungsaktion ist nur im Zusammenspiel von konventionellem Triebwerk und elektrischen Ionenantrieben möglich. Nur so werden zum Schluss des Rettungsprogramms genügend Treibstoffreserven vorhanden sein, um die geplante Lebensdauer von 10 Jahren noch zu gewährleisten. Beim ausschließlichen Einsatz eines chemischen Antriebs wäre der endgültige Orbit nicht erreicht worden. Es wären auch keine Treibstoffreserven mehr vorhanden gewesen.

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