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Der über die polaren Gebiete führende Orbit
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Arbeiten zwischen Licht und Schatten

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ESA / Space in Member States / Germany

Die Aufgabenstellung einer Satellitenmission bestimmt auch die zu wählende Umlaufbahn um die Erde. Nicht immer sind die Konstrukteure der kleinen und großen Hightech-Helfer glücklich über die Herausforderungen, die ihnen manche Flugbahn beschert. Bei CryoSat machte ihnen der Wechsel von Licht und Schatten zu schaffen.

Ein Raumflugkörper ist im Weltraum äußerst widrigen Verhältnissen ausgesetzt. So kann er sich durch Sonneneinstrahlung auf einer Seite sehr stark aufheizen, während auf der anderen Seite des Körpers gleichzeitig extreme Kälte herrscht. Dazu kommen noch hochenergetische Teilchen, mit denen er „beschossen“ wird und die Abwesenheit einer Atmosphäre. Kurzum: Vakuum im Weltraum.

Diesen Bedingungen sind aber die meisten Raumflugkörper nicht gleichmäßig ausgesetzt. Vor allem das wechselnde Auftreten von Sonnenlicht und Finsternis setzt ihnen zu. Denn einerseits wird das Licht für die Erzeugung elektrischer Energie mittels Solarzellen benötigt, andererseits ist es bei manchen Missionen unerwünscht. So wollen die Erbauer von Satelliten mit hochempfindlichen Infrarot-Sensoren an Bord, die bei nahezu Null Kelvin betrieben werden, am liebsten gar kein Sonnenlicht haben.

Wenn es um das Überleben geht: Energiemanagement

CryoSats Solarzellen für die Energieversorgung
CryoSats Solarzellen für die Energieversorgung

Die Ingenieure des Satellitenherstellers müssen sich also bereits bei der Planung einer Mission mit der vorgesehenen Umlaufbahn auseinandersetzen. Wenn diese bekannt ist, können sie genau errechnen, wann ihr „Baby“ wie lange Sonnenlicht in welchem Einstrahlwinkel erhält. Wenn dann auch noch der Leistungsbedarf für den Betrieb des Satelliten und der wissenschaftlichen Instrumente bekannt ist, können sie ausrechnen, wie viel Solarzellenfläche benötigt wird, um die erforderliche Energiemenge bereitzustellen. Ein zentrales Element – und oft der Engpass der Energieversorgung – ist der elektrische Energiespeicher an Bord, heute meist ein Li-Akkumulator. Er muss die Versorgung in der Zeit der Dunkelheit übernehmen. Nun sind derartige Speicherressourcen an Bord begrenzt, denn Akkus sind schwer und deshalb nicht in beliebiger Anzahl einsetzbar. Und so beginnt bereits bei der Planung und der Erarbeitung erster Entwürfe des Satelliten das „Feilschen“ um die knappe Ressource. Da hilft dann nur noch die straffe Planung des Missionsablaufs bei gleichzeitiger Zuteilung der Energie nach Prioritäten, also Energiemanagement.

An Bord von CryoSat-2 ist der größte Stromfresser das SIRAL-Radarsystem. Deshalb muss es geplante Zeiten geben, an denen das Radar abgeschaltet wird. Eine enge Abstimmung zwischen den Flugkontrolleuren und den Missionswissenschaftlern über die richtigen beziehungsweise notwendigen Zeiträume für diese Maßnahme ist also nötig. Denn nichts ist schlimmer, als ein total entladener Akku, der zum Ausfall aller Bordsysteme führen kann.

Heiß und kalt: Im Wechselbad

Die Energieversorgung ist nicht das einzige Problem. Mindestens ebenso wichtig ist das Thermalmanagement an Bord eines Raumflugkörpers. Da er sich im Vakuum befindet, gibt es auch keine Luft, die durch die Sonne erwärmt wird und so die Wärme gleichmäßig verteilt. Die Sonnenstrahlung trifft also ungehindert auf den Satellitenkörper, um ihn sofort aufzuheizen. Gleichzeitig kann an anderer Stelle aufgrund fehlender Strahlung extreme Kälte herrschen. Das halten die meisten Innereien eines Satelliten nicht aus. Vor allem die empfindlichen elektronischen Baugruppen brauchen eine bestimmte Betriebstemperatur.

Das mussten die Konstrukteure auch bei CryoSat-2 berücksichtigen. Damit das SIRAL-Instrument die kompletten Eisflächen der Arktis und der Antarktis erfassen kann, befindet sich der Satellit nicht auf der sonnensynchronen Bahn mit 98 Grad Bahnneigung, sondern auf einer mit 92 Grad. Er bewegt sich nicht mehr sonnensynchron und ist damit dem Wechselspiel von Licht und Schatten ausgesetzt. Den empfindlichen Systemen an Bord muss deshalb durch technische Maßnahmen immer eine „wohltemperierte“ Umgebung zur Verfügung gestellt werden. Dazu werden an bestimmten Stellen kleine elektrisch betriebene Heiz- und Kühlelemente (Peltierelemente) montiert. So genannte Wärmerohre (Heatpipes) transportieren überschüssige Wärme von einem Ort zu einem kühleren Bereich des Satelliten. Die Planung und Berechnung eines solchen Wärmehaushaltsmanagements kann dann schnell zu einer komplexen Aufgabe werden.

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