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Die Sojus startet von Kourou (Grafik)
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Hintergrundinformationen zur Sojus in Kourou

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ESA / Space in Member States / Germany

Doppelstarts sind möglich

Die mit der neuen Nutzlastverkleidung nahezu 51 Meter hohe und 300 Tonnen schwere Sojus 2-1B wird als „Tropenversion Sojus-ST“ vom europäischen Weltraumhafen Kourou in Französisch-Guyana starten und damit auch einen Teil jener Aufgaben erfüllen, die früher die Ariane 4 leistete.

Aufgrund der Äquatornähe kann sie gegenüber Plessezk und Baikonur jedoch wesentlich mehr Nutzlast in den Orbit befördern. Mit der neuesten – und sicherlich nicht allerletzten – Entwicklungsversion vermag die Sojus-ST von Kourou aus folgende Lasten zu stemmen:

 

  • 8660 Kilogramm in eine erdnahe, 200 Kilometer hohe Umlaufbahn
  • 3060 Kilogramm in einen geostationären Transfer-Orbit und
  • 1480 Kilogramm in einen geostationären Orbit

Wie bei der Ariane 5, so kann die Sojus Doppelstarts realisieren. Ein solches Ereignis steht auch am 20. Oktober an.

Sojus wird tropentauglich

Die in Kourou startende Sojus-ST ist die modernste und leistungsfähigste Variante der Sojus-2-Trägerrakete. Sie verfügt über ein digitales Lenksystem, eine modernisierte erste, zweite und dritte Stufe, eine leistungsfähigere Oberstufe sowie eine größere Nutzlastverkleidung. Sie unterscheidet sich ein wenig von ihren in Plessezk und in Baikonur eingesetzten Schwestern, denn sie musste sowohl tropentauglich gemacht werden als auch den westeuropäischen Sicherheitsstandards entsprechen.

Sojus-ST verfügt über eine französische Sicherheitsapparatur, mit der die Triebwerke bei Kursabweichungen von der Erde aus abgestellt werden können. Die vier Booster der ersten Stufe sind mit Flutventilen ausgestattet, damit sie nach dem Ausbrennen schnell im Atlantik versinken und nicht den Schiffsverkehr gefährden. Zudem verfügt Sojus-ST über Radarsensoren zur Flugbahnkontrolle. Auch die Startvorbereitung ist den geographischen Bedingungen angepasst worden. Eine fahrbare Montagehalle mit Reinheitsstufe umschließt den Startturm. Sie schützt die Rakete nicht nur vor den intensiven tropischen Regenfällen. Sie ermöglicht auch die vertikale Integration der Nutzlasten.

Die Anpassung verlief insgesamt zeit- und kostenaufwändiger als ursprünglich geplant. So liegen die Gesamtkosten des von der ESA, der EU und Arianespace finanzierten Gemeinschaftsprojektes Sojus-Kourou bei 468 Millionen Euro (2011). Russland lieferte die technischen Ausrüstungen der Startrampe im Wert von 121 Millionen Euro. Ein Sojus-Start wird heute mit 80 Millionen Euro veranschlagt.

Option für bemannte Flüge

Auf dem Weg zur Startrampe
Auf dem Weg zur Startrampe

Auch wenn bemannte Sojus-Raumflüge bislang kein Verhandlungsgegenstand waren, so besteht doch von beiden Seiten eine Option darauf. Bei der Gesamtplanung der Anlagen und Einrichtungen des Startkomplexes wurde die Möglichkeit ihrer Nachrüstung für bemannte Flüge bereits berücksichtigt. Gegenwärtig bestehen jedoch keine Bestrebungen dieser Art.

Europas multikultureller Weltraumhafen in Südamerika

Das Centre Spatial Guyanais (CSG), wie der europäische Weltraumhafen in Französisch-Guayana offiziell heißt, erstreckt sich über einen knapp 50 Kilometer langen und bis zu 20 Kilometer breiten Streifen an der Atlantikküste. Es grenzt im Südosten an die Stadt Kourou sowie im Nordwesten an das Dschungelstädtchen Sinnamary.

Der neue Startkomplex liegt aus Sicherheitsgründen zwölf Kilometer nordwestlich der Ariane-5-Startanlagen. Er ist 18 Kilometer von Sinnamary und 28 Kilometer von Kourou entfernt. Aufgrund der Nähe zu Sinnamary müsste der neue Sojus-Startplatz eigentlich seinen Namen tragen. Doch im Laufe der Zeit hat sich „Sojus-Kourou“ bereits als Markenname etabliert. Innerhalb des CSG-Geländes verbindet die Raumfahrtstraße „Route de l´Espace“ die verschiedenen Anlagen miteinander.

Dass unter den Palmen ein 120 Hektar großes Kosmodrom für die Sojus entstehen konnte, wäre ohne die seit Jahrzehnten bestehenden besonderen Beziehungen zwischen Frankreich und Russland nicht möglich gewesen. 1996 setzte über das Gemeinschaftsunternehmen Starsem die Vermarktung der Semjorka-Trägerraketen ein. Die Verhandlungen für den darauf folgenden Schritt – eine Startrampe im westlichen Ausland für eine russische Rakete – begannen 2002. Ein riesiger Komplex politischer, technologischer, geologischer und nicht zu unterschätzender finanzieller Fragen wurde in den darauffolgenden Jahren erfolgreich gelöst.

Beispielgebende europäische Kooperation

Die erste Sojus wird von diesem Startplatz in Kourou starten
Die erste Sojus wird von diesem Startplatz in Kourou starten

„Sojus-Kourou“ ist beispielgebend für eine länderübergreifende Kooperation und ein Ausdruck des immer enger werdenden Schulterschlusses zwischen der europäischen Weltraumorganisation ESA und der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos.

Mit der kosmischen Trägerraketen-Triade – Vega für Kleinsatelliten (ab 2012), Sojus für mittelschwere Nutzlasten sowie Ariane 5 als Schwerlastträger – können Satelliten unterschiedlichster Aufgabenstellungen und Gewichtsklassen in den Weltraum befördert werden. Europas Weltraumhafen hat damit exzellente Voraussetzungen als weltweit erste Adresse für Raketenstarts.

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