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Das Eisschelf Larsen C zerbricht
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Sentinel-Satellit zeichnet Entstehung eines riesigen Eisbergs auf

13/07/2017 2866 views 18 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Im Verlaufe der letzten Monate war ein Teil des Larsen C-Eisschelfs in der Antarktis vom Auseinanderbrechen bedroht, da sich ein tiefer Riss durch das Eis gezogen hatte. Wie die Copernicus-Mission Sentinel-1 feststellte, war eine Eismasse von der doppelten Größe Luxemburgs abgebrochen. Das Ereignis hat einen der größten jemals aufgezeichneten Eisberge entstehen lassen und die Kontur der Antarktik-Halbinsel damit für immer verändert. 

Der Riss war schon einige Jahre zuvor entstanden, aber er wirkte bis Januar 2016 relativ stabil, ehe er begann, sich auszuweiten.

Im Januar 2017 verlängerte sich der Riss um 20 km und erreichte eine Länge von ungefähr 175 km. Nach einigen Wochen der Ruhe, weitete sich der Riss Ende Mai um weitere 16 km aus. Der Prozess setzte sich Ende Juni fort. Noch bedeutender war in diesem Zusammenhang, dass sich die Bruchrichtung gen Schelfkante entwickelte. Zuvor verlief der Riss stets parallel zur Weddell-See.    

Die Erkenntnisse über den Riss im Eisschelf Larsen C basieren auf  Sentinel-Daten
Die Erkenntnisse über den Riss im Eisschelf Larsen C basieren auf Sentinel-Daten

Mit nur einigen wenigen Kilometern Abstand zwischen dem Ende des Risses und dem Ozean war das Schicksal des Schelfes Anfang Juli besiegelt.

Wissenschaftler des MIDAS-Projekts, einem von der Universität Swansea (Großbritannien) geleiteten Forschungskonsortium in der Antarktis, verwenden Radaraufnahmen des Copernicus-Satelliten Sentinel-1, um einen genauen Überblick über die sich ständig verändernde Situation zu bekommen.

Seitdem die dunklen Wintermonate über die Antarktis hereingebrochen sind, sind Radaraufnahmen dieser entlegenen Gegend unverzichtbar, da die Radartechnologie Bilder unabhängig von Dunkelheit oder schlechtem Wetter liefert.

Adrian Luckman, der MIDAS leitet, sagt: "Die neuerliche Entwicklung von Satellitensystemen, wie Sentinel-1, hat unsere Fähigkeit, Ereignisse wie dieses zu beobachten, stark verbessert."

Tiefe Risse im Eis
Tiefe Risse im Eis

Noel Gourmelen von der Universität Edinburgh fügt hinzu: "Wir haben bislang Informationen von der CryoSat-Mission der ESA genutzt, die ein Radar-Höhenmessgerät zur Messung der Oberflächengröße und der Dicke des Eises mitführt, um herauszufinden, dass der Riss mehrere zehn Meter tief war."

Wie vorhergesagt, brach ein Teil von Larsen C – etwa 6000 Quadratkilometer – im Zuge der sogenannten Gletscherkalbung, eines natürlichen Prozesses, ab. Der gewaltige Eisberg wiegt mehr als eine Million Millionen Tonnen und beherbergt in etwa dieselbe Menge Wasser, wie der Ontariosee in Nordamerika.

"Wir haben dies bereits seit mehreren Monaten erwartet, aber die Geschwindigkeit der endgültigen Ausweitung der Riftzone war immer noch eine kleine Überraschung. Wir werden weiterhin sowohl die Auswirkungen dieses Kalbungsereignisses am Larsen C-Schelfeis als auch das Schicksal des riesigen Eisbergs beobachten," fügt Prof. Luckman hinzu.

Die Entwicklung des Eisbergs ist schwierig vorherzusagen. Er könnte für Jahrzehnte in diesem Gebiet verbleiben, aber falls er auseinanderbricht könnten auch Teile gen Norden in wärmere Gewässer abdriften. Da Schelfeis schon auf der Wasseroberfläche schwimmt, beeinflusst der riesige Eisbergs nicht den Meeresspiegel. Infolge der Kalbung des Eisberg hat das Schelfeis zirka 10% seiner Fläche verloren. 

Riss im Eisschelf Larsen C, aufgenommen von Sentinel-2A
Riss im Eisschelf Larsen C, aufgenommen von Sentinel-2A

Der Verlust eines derart großen Stückes ist von großem Interesse, da Eisschelfe entlang der Halbinsel eine bedeutende Rolle dabei spielen, Gletscher, die Eis seewärts abgeben, zu stützen und den Gletscherfluss so zu verlangsamen.

Vorhergegangene weiter nördlich an den Eisschelfen Larsen A und B gelegene Ereignisse, die von den ESA-Satelliten ERS und Envisat aufgezeichnet worden waren, machten deutlich, dass, nachdem eine große Menge an Schelfeis verloren gegangen ist, sich der Fluss der dahinterliegenden Gletscher beschleunigen kann, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels beiträgt.

Dank des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus verfügen wir über Sentinel-Satelliten, die essentielle Informationen darüber liefern, was mit unserem Planeten passiert. Dies ist besonders bei der Beobachtung entlegener und unzugänglicher Regionen, wie den Erdpolen, wichtig.

Mark Drinkwater von der ESA sagt, "Die Ausstattung mit Copernicus-Satelliten in Verbindung mit Forschungsmissionen wie CryoSat ist für die Beobachtung von Veränderungen der Eis-Volumina infolge der Erderwärmung essentiell."

"Insbesondere die Kombinierung ganzjähriger Daten von diesen auf Mikrowellentechnologie basierenden Satelliteninstrumenten stellt kritische Informationen zur Verfügung, mit denen man die Mechanismen beim Brechen von Schelfeis und die Veränderungen der dynamischen Integrität des antarktischen Schelfeises überhaupt verstehen kann."

Artikel auf Englisch:

Der Artikel war zuerst in englischer Sprache auf unserer Themenseite zu Sentinel-1 erschienen. Dort finden Sie weitere Informationen zu den Themen Copernicus und Erdbeobachtung. 

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