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Alexander Gerst im Columbus-Modul
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Start des ESA-Raumtransporters ATV "Georges Lemaître", auch mit vielen deutschen Bezügen

31/07/2014 1118 views 6 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Bisher versorgten bereits vier europäische Transporter die Internationale Raumstation ISS mit Fracht, jetzt startete am 30. Juli 2014 das fünfte und letzte ATV (Automated Transfer Vehicle) der ESA vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana aus ins All.

Mit an Bord sind neben Dingen des alltäglichen Weltraumlebens wie Kaffee oder Käsespätzle und Nachschub für Treibstoff, Wasser und Atemluft auch Experimente wie der elektromagnetische Levitator EML, ein Schmelzofen, den der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst einbauen und erstmals in Betrieb nehmen wird. 

Schmelzofen in der Schwerelosigkeit

 

Doch zuvor transportiert das letzte europäische ATV eine Nutzlast von 6.500 Kilogramm zu den Bewohnern der überirdischen Forschungsstation. Das schwerste Gesamtpaket ist dabei mit rund 400 Kilogramm der von DLR und ESA gemeinsam entwickelte elektromagnetische Levitator, in dem ohne Kontakt zu einem Gefäß verschiedene metallische Legierungen geschmolzen und analysiert werden können. Ein materialphysikalisches Experiment, auf das sich der deutsche Astronaut Alexander Gerst besonders freut: Er wird die Anlage im europäischen Forschungslabor Columbus einbauen und den ersten Testbetrieb durchführen.

Das Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC) unterstützt das europäische Columbus-Labor als integralen Bestandteil der ISS.
Das Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC) unterstützt das europäische Columbus-Labor als integralen Bestandteil der ISS.

Insgesamt 18 Proben, mit denen auch Wissenschaftler des DLR forschen und arbeiten werden, reisen mit der Anlage zur Raumstation und sollen nach der erfolgreichen Installation den Materialphysikern am Boden die ersten Daten aus der Schwerelosigkeit liefern.

Bei Versuchen auf der Erde, zum Beispiel in Köln mit dem EML-Bodenmodell des „DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum“, stören die Auswirkungen der Erdanziehungskraft. Diese sind aber an Bord der ISS ausgeschaltet, so dass Materialeigenschaften wie Dichte, Viskosität, elektrische Leitfähigkeit und thermische Ausdehnung dort exakt vermessen werden können und als Datenbasis in Computermodelle einfließen. Mit diesen werden dann unter anderem Gießprozesse in der Industrie optimiert.

Experimente von Astrophysik bis zur Ernährung

 

Ein weiteres Experiment, das sich nun auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort im All befindet, ist das Instrument MFX (Magnetic Field Experiment) des DLR: "Damit wollen wir die Wechselwirkung zwischen dem Magnetfeld der Erde und einem elektrischen Leiter, der sich an Bord der ISS durch dieses Feld bewegt, untersuchen - und simulieren so auch, wie das interplanetare Magnetfeld und die Körper im Sonnensystem miteinander wechselwirken", erläutert Volker Schmid vom DLR-Raumfahrtmanagement in Bonn.

Auch einige besondere Kleidungsstücke für das Sporttraining von ESA-Astronaut Alexander Gerst sind an Bord: Das Experiment Spacetex erforscht neue Textilien, die nach der Nutzung im All auf der Erde auf mikrobateriellen Befall und Geruchsentwicklung untersucht werden sollen. So wollen die Wissenschaftler das Grundwissen über den Wärmeaustausch des Körpers unter extremen Umweltbedingungen erweitern. 

Lebensnotwendiges für die Raumstation und ihre Crew

 

Doch der Raumfrachter ATV wird nicht nur für den Transport von Experimenten eingesetzt. Auch fast 3000 Kilogramm Treibstoff fliegen mit ins All - zum einen um die russischen Treibstofftanks der ISS wieder aufzufüllen, zum anderen für Bahnkorrekturen der ISS, die das ATV regelmäßig in den Monaten ausführt, an denen es an der Raumstation angedockt ist. 

ATV-5 "Georges Lemaître" bei der Trennung von der "Ariane 5"-Startrakete
ATV-5 "Georges Lemaître" bei der Trennung von der "Ariane 5"-Startrakete

Dazu kommen 855 Kilogramm Trinkwasser - frisch aus einer Quelle in der Nähe des italienischen Turin. Zu den Ersatzteilen im Laderaum des ATV-5 "Georges Lemaître" gehört unter anderem eine Pumpe, die auf der ISS zur Aufbereitung von Trinkwasser aus Urin eingesetzt wird. 

Als erstes wird Alexander Gerst, der im August 2014 auch für die Überwachung des automatischen Andockens des ATV verantwortlich ist, den elektromagnetischen Levitator aus dem Frachtraum ins Columbus-Forschungsmodul transportieren. Erst dann ist der Zugang zur weiteren Fracht möglich. 

Für Gerst und seine Kollegen dürfte darunter auch einiges sein, dass ihnen eine willkommene Abwechslung auf ihrem Speiseplan ist: Mit "Georges Lemaître" fliegt das so genannte "Bonus Food" - das Wunschessen der Astronauten - zur ISS. 

Deutsche Delikatessen und Mitbringsel der „Stiftung Kinderherz“

Für den deutschen ESA-Astronauten sind in diesem Paket Konserven mit Käsespätzle, Linsen, Saitenwürstchen und Grießflammeri verstaut. Auch die Kaffee-Vorräte der ISS werden mit der Ankunft des ATV wieder aufgefüllt. Schließlich gehört auch noch ein kleines, gerade einmal golfballgroßes "Orbit-Herzchen" der Stiftung Kinderherz zum Gepäck. Die deutsche Stiftung fördert die Behandlung von Herzfehlern bei Kindern und setzt dabei auch auf Technologien aus der Raumfahrt wie beispielsweise auf winzige Schirmchen aus NiTinol-Legierungen, ein Material, das erstmals für Satellitenbauteile verwendet wurde und nun Löcher in Kinderherzen präzise verschließt.

Hintergrund: Kontrollzentrum für Europas Columbus Forschungslabor

 

Das Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC) der ESA unterstützt das Columbus-Labor als integralen Bestandteil der ISS, und damit auch zahlreiche Experimente des Astronauten Alexander Gerst sowie anderer ISS-Crewmitglieder. Das Col-CC befindet sich auf dem Gelände des DLR in Oberpfaffenhofen bei München.

Das Kontrollzentrum stellt die direkte Verbindung zum Columbus-Modul im Orbit dar. Die Hauptaufgaben des Zentrums liegen in der Steuerung und Überwachung der Columbus-Laborsysteme, der Koordination der europäischen Nutzlasten an Bord der ISS und im Betrieb von Kommunikationssystemen am Boden.

Textnutzung mit freundlicher Genehmigung des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.). Original und kompletter DLR-Artikel unter:

http://www.dlr.de/dlr/presse/desktopdefault.aspx/tabid-10172/213_read-11168/year-all/#/gallery/15933

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