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Grafische Darstellung von CryoSat
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ASIRAS: Auf eisiger Mission

23/04/2004 736 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Das globale Klima der Erde wird in erheblichem Maß von seinen planetaren Eismassen bestimmt. Ob diese zu- oder abnehmen, soll die Ende 2004 beginnende ESA-Satellitenmission CryoSat klären. Mit ASIRAS, einer speziell für den Flugzeugeinsatz entwickelten CryoSat-Radarvariante, simulieren die Wissenschaftler gegenwärtig mit irdischen Mitteln Empfang, Eichung und Auswertung der künftigen Satellitendaten zur Eismächtigkeit.

CryoSat ist die erste Satellitenmission im "Living Planet"-Programm der ESA. Das spezielle Fernerkundungsprogramm wurde 1998 von der Europäischen Weltraumorganisation verabschiedet, um verschiedenartige Missionen zur Erforschung der Erde und ihrer Sphären voranzutreiben. CryoSat soll erstmals genaue Daten über die Dicke der Eismassen liefern und die alte Streitfrage klären, ob die globalen Eismassen nun abnehmen oder gar anwachsen.
Der von EADS Astrium in Friedrichshafen entwickelte und gebaute Satellit soll die Erde in 720 km Höhe auf einer polaren Bahn umkreisen und dabei winzige Dickeänderungen von Polareisschichten sowie von frei schwimmenden Eisplatten mit Genauigkeiten im Zentimeterbereich ermitteln. Das Gesamtbudget der auf drei bis sechs Jahre veranschlagten Mission, an der deutsche Forscher maßgeblich beteiligt sind, beträgt 140 Mill. Euro.

Meereis: Schmilzt das Eis an den Polen?

Blick auf Svalbard
Blick auf Svalbard

Meldungen, die von einem „Abschmelzen der Eismassen der Erde“ sprechen und eine Klimakatastrophe heraufbeschwören, tauchen immer wieder auf. Doch derartige Szenarien werden von den Wissenschaftlern angezweifelt.
Es gibt bislang unzureichende direkte Beobachtungen von Veränderungen der Eismassen. Aufgrund der gewaltigen Größe von Arktis und Antarktis lassen sich flächendeckende Beobachtungen der Eiskörper nur von Satelliten aus durchführen. Diese konnten aber nur die Ausdehnung des Eises, nicht aber seine Dicke bestimmen.
Auch hinsichtlich der Ausdehnung sind die Wahrnehmungen eher widersprüchlich. Wettersatelliten konnten zwar feststellen, dass in den letzten 30 Jahren die flächenmäßige Ausdehnung des Meereises in der Arktis um 9% abgenommen hat. In der Antarktis jedoch haben die Meereis-Bedeckungen im gleichen Zeitraum zugenommen.

Landeis: Eispanzer unbekannter Größe

Dreieckreflektor zum Kalibrieren von ASIRAS am Boden
Dreieckreflektor zum Kalibrieren von ASIRAS am Boden

Meereis ist eine 1 bis 4 m dicke Schicht gefrorenen Wassers, die den Arktischen Ozean sowie den Südozean rund um den antarktischen Kontinent bedeckt.
Im Gegensatz zum Meereis besteht das Landeis Grönlands und des antarktischen Kontinents aus Gletschereis, das sich aus gefallenem Schnee gebildet hat. Diese Eisschichten haben heute eine Mächtigkeit von bis zu 4000 m erreicht und sind teilweise mehrere hunderttausend Jahre alt. Sie beinhalten 95% des Süßwasservorkommens der Erde.
Ihr – gesamtes – Abschmelzen würde zu einem Meeresspiegelanstieg von mehr als 60 m führen. Beobachtungen zeigen, dass diese Eismassen-Flächen weitgehend konstant sind. Unbekannt sind jedoch die Volumenänderungen.

CryoSat: Der Spion, der von der Kälte lebt

ASIRAS und der Laserscanner an Bord der Do 228
ASIRAS und der Laserscanner an Bord der Do 228

Das Eis an den Polen spielt für das globale Klima eine zentrale Rolle. Das Hauptziel der Ende 2004 beginnenden CryoSat-Mission besteht deshalb in der präzisen Erfassung der Meer- und Landeismassen hinsichtlich Ausdehnung und Mächtigkeit. Es gilt zu untersuchen, welche wechselseitigen Einflüsse zwischen dem Eis an den Polen und der globalen Erwärmung bestehen.

Hierzu verfügt CryoSat über ein neuartiges Höhenmeßinstrument, das Radaraltimeter SIRAL (Synthetic Aperture Interferometric Radar Altimeter).
Mit Radaraltimetern wie SIRAL kann man die Höhen der Erdoberfläche exakt bestimmen. Dabei werden Radarwellen zur Erde ausgestrahlt und die Laufzeit bis zu ihrer Reflexion zum Satelliten zurück gemessen. SIRAL erfasst die Dicke des Meereises sowie die Höhe der Landeismassen mit einer Genauigkeit von 1 bis 3 cm.
Die präzisen Messungen, d.h. die von der Oberfläche reflektierten Signale, hängen jedoch von verschiedenen Einflussfaktoren ab (Bahnhöhe, Jahreszeiten, Niederschläge, Schnee- und Eismengen). Um diese, sowie mögliche weitere Fehlerquellen zu minimieren, werden in den kommenden Jahren – parallel zur Erfassung der Satellitendaten – umfangreiche „Gegenuntersuchungen“ am Boden sowie von Flugzeugen aus vorgenommen. In einer Serie von Messkampagnen wollen die Experten die Fehlereinflüsse verstehen lernen, um später die von CryoSat gelieferten Messwerte exakt korrigieren zu können.

ASIRAS: Erster erfolgreicher Test

Do 228 vom DLR mit ASIRAS an Bord auf Svalbard
Do 228 vom DLR mit ASIRAS an Bord auf Svalbard

Im März und April konnte erstmals das Instrument ASIRAS (Airborne Synthetic Aperture and Interferometric Radar Altimeter System) getestet werden, ein speziell für den Flugzeugeinsatz adaptiertes Radaraltimeter, das die Arbeitsweise des SIRAL-Sensors an Bord von CryoSat simulieren soll.
Hierzu wurden die Schnee- und Eisflächen von Svalbard, einem Inselarchipel, das im Norden von Europa nur zwölf Breitengrade vom Nordpol entfernt liegt, überflogen. Dabei konnten die Experten erste Datensätze von verschiedenen Schnee- und Eisoberflächen erhalten, die für die spätere Kalibrierung von SIRAL und die Interpretation der aus dem Kosmos gesendeten Daten notwendig sind. Der Test zeigte, dass das Instrument auch unter den eisigen Temperaturen und den dort vorherrschenden starken Winden einwandfrei funktioniert.

„Ich bin überglücklich, dass das Instrument so hervorragend arbeitet“, sagte Malcolm Davidson, der verantwortliche ESA-Manager für das CryoSat-Projekt. „Wir haben uns mit ASIRAS auf die kommenden Messkampagnen gut vorbereitet. Nur noch wenige Wochen trennen uns bis zur ersten CryoSat-Validation-Kampagne, bei der verschiedene Gebiete von Svalbard, Grönland und Kanada überflogen werden. Deshalb mussten wir das Instrument unter realistischen Bedingungen überprüfen.“

ASIRAS wurde von dem Schweizer Unternehmen Radar Systemtechnik (RST) gebaut. Unterstützung leisteten das deutsche Alfred Wegener Institut (AWI) sowie die Firma Optimare für die Integration und den Betrieb des Gerätes im Forschungsflugzeug.

Deutschland: Forscher führend an CryoSat beteiligt

Aufgrund der logistischen Möglichkeiten des Alfred-Wegener-Institutes mit Landstationen, Forschungsflugzeugen und dem Eisbrecher Polarstern werden deutsche Gruppen wichtige Funktionen im Rahmen der ESA-Gesamtmission übernehmen. Erste gesicherte Erkenntnisse der Grundsatzfragen werden in fünf bis acht Jahren erwartet.

Deutsche CryoSat-Nutzer:

Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven
www.awi-bremerhaven.de

Deutsches Fernerkundungsdatenzentrum DLR/DFD
www.dfd.dlr.de

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR
www.dlr.de

GeoForschungsZentrum Potsdam
www.gfz-potsdam.de

Universität Bremen, Institut für Umweltphysik
www.iup.physik.uni-bremen.de

Universität Freiburg, Institut für Physische Geographie
www.geographie.uni-freiburg.de/ipg

Universität Münster, Institut für Geophysik
earth.uni-muenster.de

Universität Trier, Abteilung Geographie/Klimatologie
www.klima.uni-trier.de

TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie
www.tu-dresden.de/fghgipg

TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie
step.iapg.verm.tu-muenchen.de

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