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Daumen hoch! ESA-Astronaut Luca Parmitano bestätigt das Funktionieren aller Systeme nach dem Docking von ATV-4 an die ISS
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ATV: Made in Germany

10/02/2014 2107 views 7 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Der siebte Teil unserer Blog-Serie über den Beitrag verschiedener Länder zur Herstellung des ATV beschäftigt sich mit Deutschland. Deutschland trägt einen großen Teil zur ATV-Produktion bei, denn die Astrium GmbH ist der Hauptauftragnehmer. 

Astrium ist dafür zuständig, sämtliche Elemente, die in vorherigen Blogeinträgen vorgestellt wurden, zusammenzubringen. Am Ende entsteht ein komplettes Raumfahrzeug, das ins Weltall starten kann. Das Unternehmen ist an der Organisation, dem Bau und Testläufen beteiligt und der Hauptansprechpartner der ESA.

Bremen, Lampoldshausen und Friedrichshafen - 3 deutsche Astrium-Standorte sind an der ATV-Produktion beteiligt

Schubdüse des ATV
Schubdüse des ATV

Bremen, Lampoldshausen und Friedrichshafen – alle drei deutschen Astrium-Standorte sind an der ATV-Produktion beteiligt. Darüber hinaus haben Astrium-Tochterunternehmen zur Fertigung der Antriebs- und Bordelektronikmodule sowie zur Systemintegration beigetragen.

Astrium baut einen fehlertoleranten Computer (Fault Tolerant Computer) in das ATV ein, der selbst dann nicht abstürzt, wenn zwei voneinander unabhängige Fehler auftreten. Wenn es den nur als Computer für zu Hause gäbe! Ein ähnliches System ist seit 2000 in der Internationalen Raumstation ISS im Einsatz.

Der Fault Tolerant Computer treibt ein weiteres Astrium-Produkt an: die Elektronik für das Antriebssystem, die Befehle an die Schubdüsen des ATV sendet. Astrium liefert ebenfalls die 28 220N-Motoren, die beim Abschuss Temperaturen bis zu 1.100°C erreichen können.

Die ATV-Betankung dauert über drei Wochen

Die Betankung eines ATV ist eine sehr anspruchsvolle Prozedur
Die Betankung eines ATV ist eine sehr anspruchsvolle Prozedur

Im Inneren des ATV produzierte Astrium Komponenten für das Environmental Control Life Support System, das sicherstellt, dass die Astronauten unbedenklich atmen können, wenn sie sich in das druckgeregelte Modul des ATV begeben.

Schließlich liefert Astrium auch die Komponenten, die rund um den Treibstoff für das ATV benötigt werden. Dies ist ein sehr riskantes Unterfangen, denn um das ATV für seinen Flug ins All startklar zu machen, kann man es nicht einfach zur Tankstelle um die Ecke bringen.

Es dauert über drei Wochen, die Tanks des ATV mit mehr als sieben Tonnen Treibstoff zu füllen, wofür man darüber hinaus spezielle Sicherheitsgeräte braucht. Ein Expertenteam von Astrium installiert die Geräte für das Treibstoffhandling am Boden, bevor weitere Techniker an Europas Weltraumbahnhof ankommen, um das ATV aufzutanken.

Natürlich muss der Treibstoff für das ATV auch irgendwo gelagert werden. Hier kommt die MT-Aerospace aus Augsburg ins Spiel. Das Unternehmen hat sich auf Leichtbaustrukturen spezialisiert und liefert Tanks, die das ATV nicht unnötig beschweren. Die Expertise des Unternehmens hat zur enormen Tragfähigkeit beigetragen, die das ATV auszeichnet.

Jena Optronik liefert die Andocksensoren für die ATV-Mission

Ein Fault-Tolerant Computer (FTC), wie er auch schon seit 2000 auf der ISS zum Einsatz kommt
Ein Fault-Tolerant Computer (FTC), wie er auch schon seit 2000 auf der ISS zum Einsatz kommt

Jena Optronik liefert die Andocksensoren für die ATV-Mission. Als Zulieferer des französischen Unternehmens Sodern hat Jena Optronik das Videometer produziert, das die Entfernung zur ISS und die exakte Position zwischen dem ATV und der ISS bemisst.

Das ATV sendet kurze Laserblitze, die von Spiegeln an der ISS reflektiert werden. Das Messen der Zeit, die gebraucht wird, bis die reflektierten Strahlen empfangen werden, ermöglicht es, die relative Geschwindigkeit des ATV zu bestimmen.

Um die Ausrichtung des ATV festzulegen, liefert Jena Optronik außerdem ein Gerät, das ein wahrer Zungenbrecher ist: ein Telegoniometer.

Dass die Systeme von Jena Optronik leistungsstark sind, wurde auf Shuttleflügen zur russischen Raumstation Mir sowie im japanischen Versorgungsraumschiff HTV und im amerikanischen Raumtransporter Cygnus bewiesen.

Qualitätsüberprüfung und Zusammenbau der Sonnensegel

TESAT spacecom überprüft die Qualität aller Teile für das ATV. Diese Arbeit übernimmt das Unternehmen bereits seit 1999, aber das ist kein Wunder, wenn man bedenkt, dass über eine Million elektronische Teile für das ATV gebraucht werden.

ATV-4 präsentiert seine ausgebreiteten Sonnensegel beim Anflug zur ISS
ATV-4 präsentiert seine ausgebreiteten Sonnensegel beim Anflug zur ISS

TESAT stellt sicher, dass jedes Teil so funktioniert, wie es sollte.

AZUR Space liefert die einzelnen Solarzellen, aus denen die Sonnensegel des ATV gefertigt werden. Sie werden in die Niederlande verschickt, wo Dutchspace sie zu 20 Meter großen Solarzellgruppen zusammenfügt.

 

Die OHB Gmbh hat das Schutzschild des ATV entwickelt und getestet. Es heißt MDPS, was für Meteoroid and Debris Protection System steht, und wurde bereits im Blogeintrag ATV Made in Switzerland vorgestellt.

Seine Hauptaufgabe besteht darin, den Raumtransporter vor Objekten zu schützen, die ihn auf seiner extrem schnellen Reise durch das Weltall treffen könnten.

OHB ist für die Verkabelung zuständig

Verkabelungen im Innern des ATV
Verkabelungen im Innern des ATV

 

OHB übernimmt außerdem die schwierige Aufgabe, die Kabel im ATV zu ordnen. Angesichts der ungefähr fünf Kilometer langen Leitungen und Kabel, die die ATV-Computer mit den Armaturen, Motoren und Relais verbinden, kann man sich gut vorstellen, dass die ganze Angelegenheit schnell unübersichtlich werden kann.

Zu Hause und im Büro verheddern sich die Kabel von Monitoren, Mäusen, Tastaturen und Internetanschlüssen leicht zu Kabelsalat hinter dem Schreibtisch, was dazu führt, dass statt der externen Festplatte oft die Maus ausgestöpselt wird.

Solche Fehler dürfen an Bord des ATV nicht passieren – und dank OHB werden sie das auch nicht.

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