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Infrarot-Aufnahmen von Wassereis in der Imhotep-Region des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko
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Bestätigt: Das Eis auf Rosettas Komet ist Wasser

15/01/2016 3055 views 5 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Die Beobachtungen, die kurz nach Rosettas Ankunft an ihrem Ziel im Jahr 2014 gemacht wurden, konnten nun definitiv bestätigt werden: Es befindet sich Eis aus Wasser auf dem Kometen.

Obwohl Wasserdampf den größten Anteil des Gases ausmacht, das vom Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko ausgeht, glaubt man, dass der größte Teil des Eises sich unter der Kometenkruste verbirgt und dass es nur wenige frei liegende Wasser-Eisflächen gibt.

Eine detaillierte Analyse mit dem VIRTIS Infrarot-Messinstrument an Bord von Rosetta liefert Erkenntnisse über die Zusammensetzung der obersten Schicht des Kometen: Er ist hauptsächlich mit einer dunklen, trockenen und an organischer Materie reichhaltigen Substanz bedeckt, vermischt mit einer kleinen Menge von Wasser-Eis.

Wassereis in der Imhotep-Region
Wassereis in der Imhotep-Region

 

Bei der letzten Studienreihe, die sich auf die Scans zwischen September und November 2014 konzentriert, konnte das Forscherteam bestätigen, dass zwei größere Bereiche in der Imhotep-Region mit einigen zehn Metern Durchmesser, die im sichtbaren Licht als leuchtende Flecken erscheinen, tatsächlich eine beträchtliche Menge von Wasser-Eis enthalten.

Das Eis befand sich an Steilhängen und in Geröllfeldern und wies damals eine durchschnittliche Temperatur von etwa –120ºC auf.

In diesen Regionen wurde reines Wasser-Eis in etwa 5% jedes Pixel-Probebereichs gefunden, der Rest bestand aus dunklem, trockenem Material. Die Eismenge wurde ermittelt, indem die VIRTIS-Messungen mit Modellen verglichen wurden, die dazu dienen, eine Schätzung über die Mischung der verschieden großen Eiskörner in einem Pixel abzuliefern.

Die Daten ergaben zwei unterschiedliche Körnernarten: eine mit einem Durchmesser von einigen Mikrometern und eine andere, größere mit etwa 2 Millimeter großen Körnern. 

Diese Größen stehen im Gegensatz zu den sehr kleinen Korngrößen mit einem Durchmesser von nur wenigen Mikrometern, die in der Hapi-Region, am Hals des Kometen bei einer anderen Studie von VIRTIS gefunden werden konnten.

“Die verschiedenen Eiskörnungen auf der Kometenoberfläche lassen auf unterschiedliche Entstehungsmechanismen und auch unterschiedliche Zeiträume der Entstehung schließen”, erzählt Gianrico Filacchione, Hauptautor der neuen Studie, die in der Zeitschrift Nature erschienen ist.

Bei Hapi ist jedes winzige Korn mit einer dünnen Frostschicht überzogen, die sich im Laufe des täglichen Eiszyklus bildet - das Ergebnis der schnellen Kondensation in dieser Region bei jeder 12-stündigen Kometenrotation.

“Im Gegensatz dazu meinen wir, dass die Schichten der millimetergroßen Körner in der Imhotep-Region eine wesentlich komplexere Entstehungsgeschichte haben. Sie bildeten sich vermutlich langsam und werden nur gelegentlich durch Erosion freigelegt”, erzählt Gianrico Filacchione.

Geht man von einer typischen Eiskorngröße an der Kometenoberfläche aus, die lediglich einige Mikrometer beträgt (wie bei einigen anderen Kometen und auch bei Rosettas Komet hergeleitet), dann kann das Vorkommen von millimetergroßen Eiskörnern durch das Wachstum sekundärer Eiskristalle erklärt werden.

Das kann einerseits durch ‘Sinterung’ geschehen; dabei werden Eiskörner verdichtet. Eine andere Möglichkeit ist die ‘Sublimierung’, wobei die Wärme der Sonne die Oberfläche durchdringt und das Verdampfen des eingelagerten Eises auslöst. Während ein Teil des Wasserdampfs aus dem Kometenkern austritt, kondensiert ein bedeutender Anteil jedoch in Schichten unter der Oberfläche.

 

Dieser Gedanke wird auch von Laborexperimenten gestützt, in denen das Sublimierungsverhalten von Eis simuliert wurde, das unter einer Staubschicht liegt und durch Sonnenlicht erhitzt wird.

Diese Tests haben gezeigt, dass mehr als 80 Prozent des freigesetzten Wasserdampfs die Staubschicht nicht durchdringt, sondern sich unter der Oberfläche wieder ablagert.

Weitere Energie für die Sublimierung könnte auch aus einer strukturellen Umwandlung des Eises auf molekularer Ebene stammen. Bei den geringen Temperaturen auf Kometen kann sich amorphes Eis in kristallines Eis verwandeln und dabei Energie freisetzen.

“Das Wachstum von Eiskörnern kann zu eisreichen Oberflächenschichten führen, die einige Meter dick sind und die dann die Gesamtstruktur, Porosität und thermischen Eigenschaften des Kometenkerns beeinflussen”, sagt Fabrizio Capaccioni, Forschungsleiter von VIRTIS.

“Die dünnen, eishaltigen Schichten, die wir in Oberflächennähe sehen, können das Ergebnis der Kometenaktivität und -evolution sein, was darauf schließen lässt, dass die Bildung der Schichten nicht notwendigerweise in der Frühgeschichte des Kometen vonstatten gegangen sein muss. Kenntnisse darüber zu erlangen, welche Teile des Kometen Überreste aus seiner Entstehungsgeschichte sind und welche Teile sich während seiner Entwicklung gebildet haben, ist eine große Herausforderung, aber deswegen untersuchen wir einen Kometen auch so genau und aus der Nähe: Um herauszufinden, welche Prozesse in den unterschiedlichen Stufen eines Kometenlebens von Bedeutung sind”, ergänzt Matt Taylor, ESA Wissenschaftler beim Rosetta-Projekt.

Die Wissenschaftler der Rosetta-Mission analysieren nun die Daten, die später erfasst wurden, als der Komet sich Mitte 2015 der Sonne näherte, um zu sehen, wie die Eismenge an der Oberfläche sich während der Erhitzung verändert hat.

Anmerkungen der Redaktion

 

Die Studie “Exposed water ice on the nucleus of comet 67P/Churyumov–Gerasimenko” von G. Filacchione et al ist in der Zeitschrift Nature erschienen.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:

 

Gianrico Filacchione
Stellvertretender Forschungsleiter VIRTIS
INAF-IAPS, Rom, Italien
E-Mail: gianrico.filacchione (at) iaps.inaf.it

Fabrizio Capaccioni
Forschungsleiter VIRTIS
INAF-IAPS, Rom, Italien
E-Mail: fabrizio.capaccioni (at) iaps.inaf.it

Matt Taylor
ESA Rosetta Project Scientist
E-Mail: matt.taylor (at) esa.int

Markus Bauer 



ESA Science and Robotic Exploration Communication Officer




Tel.: +31 71 565 6799





Mobil: +31 61 594 3 954





E-Mail: markus.bauer (at) esa.int




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