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Schwefeldioxid vom Grímsvötn
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Die Duftmarke des Grímsvötn

07/09/2012 533 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Während eines Transatlantik-Linienfluges wehte Flugkapitän Klaus Sievers und seiner Crew im vergangenen Jahr plötzlich ein ungewöhnlicher Geruch in die Nase. In einer druckdichten Flugzeugkabine in zehn Kilometern Höhe über dem Erdboden konnte es dafür nur eine Erklärung geben:

Der schwefelige, üble Geruch im Cockpit stammte vom Vulkan Grímsvötn im Südosten Islands, der Gas- und Aschewolken spie.

Schwefeldioxid ist oft ein Zeichen für vulkanische Asche, und Asche in der Atmosphäre kann für Jettriebwerke zur Gefahr werden.

Zeitnahe Informationen über Aschefahnen, Schwefeldioxidwolken und deren Ausbreitung sind von entscheidender Bedeutung, um die zivilen Luftfahrtbehörden gegebenenfalls rechtzeitig warnen zu können.

Erdbeobachtungssatelliten liefern Informationen über Aschefahnen und Schwefeldioxidemissionen

Erdbeobachtungssatelliten können solche Informationen liefern. Satelliten erfassen weltweit und in hoher zeitlicher Auflösung Aschefahnen und Schwefeldioxidemissionen und tragen so zur Sicherheit des Flugverkehrs bei.

Nach der Landung nutzte Flugkapitän Sievers, Mitglied der Vereinigung Cockpit, den Support to Aviation Control Service (SACS), um anhand von Daten des MetOp Satelliten seinen Verdacht auf Schwefeldioxid zu überprüfen – und bestätigt zu finden.

Aerosol vulkanischen Ursprungs
Aerosol vulkanischen Ursprungs

„Anhand der SACS-Bilder konnte ich die Schwefeldioxid Emissionen des Grímsvötn nach dem Flug klar erkennen und orten“, so Sievers.

„Die Bilder lieferten auch Hinweise auf die Position der Gaswolke vor dem Flug, sagten aber nicht ihre genaue Zugbahn voraus.

Der Grímsvötn riecht nicht gut

Ich weiß jetzt, dass der Grímsvötn wirklich nicht gut riecht. Aus Komfort- und Sicherheitsgründen wäre es begrüßenswert, wenn sich solche Erfahrungen im eigenen wie auch im Interesse unserer Fluggäste zukünftig vermeiden ließen.“

Das Einatmen von Schwefeldioxid kann bei Menschen mit Atemwegserkrankungen bereits in geringen Dosen zu Beschwerden führen. Den Crews wurde geraten, so lange Sauerstoffmasken zu tragen, wie der Geruch wahrnehmbar war.

In der Atmosphäre reagiert Schwefeldioxid mit Wasser zu Schwefelsäure. Sie kann die Flugzeugfenster beschädigen, die Außenfarbe ausbleichen und zu Sulfatablagerungen in den Triebwerken führen. Das zieht erhöhte Wartungskosten nach sich.

Auf Grundlage der Bilder mehrerer Satelliten bietet SACS einen Asche- und Schwefeldioxid-Frühwarndienst bei Vulkanausbrüchen an.

Bei einer Eruption werden interessierte Nutzer alarmiert, insbesondere Vulkanasche-Beratungszentren, und es werden Karten über Umfang und Intensität der Rauchfahnen veröffentlicht.

Flugkapitän Sievers nutzt zur Vorbereitung seiner Interkontinentalflüge seit mittlerweile zwei Jahren Satellitenbilder des SACS.

Dies erwies sich am 15. Juni von besonderem Nutzen, als er seine Flugroute von Südostasien nach Europa planen musste. Ein Tag zuvor war der Nabro in Eritrea ausgebrochen, die Aschewolke kreuzte die vorgesehene Flugroute über Ostafrika und dem Nahen Osten.

Schwefeldioxid vom Nabro
Schwefeldioxid vom Nabro

„Dank der Satellitendaten über die Zugbahn von Schwefeldioxid-Wolken geht man heute bewusster an dieses Naturphänomen heran“, so Sievers.

„Diese Informationen hatten Einfluss auf die Wahl der Flughöhe und garantierten einen störungsfreien Flug in der Nacht vom 15. auf den 16. Juni.

Als Flugkapitän wünsche ich mir in Zukunft Echtzeitinformationen und Vorhersagen über Vulkanasche- und Schwefeldioxidwolken.

Diese sollten nicht nur Höhen- und Konzentrationsdaten umfassen, sondern auch ein möglichst großes Gebiet abdecken.

Derartige Informationen sollten den normalen Unterlagen zur Flugvorbereitung beiliegen, damit die Crew entsprechende Entscheidungen treffen kann.

Derzeit gibt es keinerlei Vorschriften für Informationen über Schwefeldioxid. Das ist wirklich schade.“

Vulkanasche und Schwefeldioxid können sich in der Atmosphäre sehr schnell ausbreiten und so den Luftraum großräumig in Mitleidenschaft ziehen.

Die Ausbrüche der isländischen Vulkane Eyjafjallajökull im April 2010 und Grímsvötn im Mai 2011 führten zeitweilig zu Flugausfällen in ganz Europa und hatten somit weltweit Auswirkungen auf das wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Leben.

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