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Der STAR-suit
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Die Sternentiger brüllen wieder: StarTiger in Finnland

13/05/2004 681 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Das erste StarTiger-Projekt der ESA war ein voller Erfolg – ein Ergebnis, das sich jetzt in Finnland wiederholen soll: An der Technischen Universität von Tampere, der TUT, wird ein Team von Wissenschaftlern im Rahmen des Projekts „StarTiger2“ nach Ideen für intelligente Raumanzüge suchen, die automatisch die Vitalfunktionen von Astronauten bei der Arbeit überwachen.

Mit seiner langjährigen Forschungs- und Entwicklungserfahrung im Bereich der „intelligenten“ Kleidung erwies sich das universitätseigene Institut für Elektrotechnik als idealer Partner für das StarTiger2-Projekt. Natürlich spielten auch das allgemeine Elektronik-Know-how der TUT und die günstigen Laborbedingungen eine Rolle – so können die Prototypen direkt vor Ort konzipiert, getestet und gefertigt werden.

„Unser Ziel bei StarTiger2 ist es, einen funktionsfähigen Anzug-Prototypen zu entwickeln, der Überwachungssysteme für alle wichtigen Vitalfunktionen enthält“, erläutert Eike Kircher, Leiter des ESA Basic Technology Research Programme (TRP), und einer der Förderer der StarTiger- Initiative: „Dieser STAR-suit, wie wir ihn getauft haben, soll alle wichtigen Vitaldaten des Trägers in Echtzeit über einen längeren Zeitraum erfassen können.”

Astronaut bei einem Ausstieg
Astronaut bei einem Ausstieg

Das zugrunde liegende Problem ist nicht neu: Schon seit ihren Anfängen beschäftigt sich die bemannte Raumfahrt eingehend mit der Frage, wie sich der Aufenthalt im All auf die Körperfunktionen und die Gesundheit der Astronauten auswirkt. In der Regel finden umfassende Gesundheitschecks jedoch nur vor und nach dem Flug statt. Während des Weltraumaufenthalts kommen sie lediglich vereinzelt als Teil verschiedener Tests vor, und zusammenhängende Langzeitmessdaten fehlen fast völlig.

Die Concordia-Station in der Antarktis
Die Concordia-Station in der Antarktis

Dies erklärt auch das große Interesse der ESA an einem derartigen „intelligenten” Anzug, insbesondere für die auf lange Sicht geplanten bemannten Missionen jenseits der niedrigen Erdumlaufbahn (LEO). Wenn beispielsweise eines Tages Astronauten den Mars betreten, wird dies nicht ohne einen solchen Anzug möglich sein, mit dem sich Status und Position der „Marsspaziergänger“ überwachen lassen.

Doch auch kurzfristig gesehen könnte der STAR-suit schon Verwendung finden – und zwar in der neuen Concordia-Forschungsstation in der Antarktis. Bereits jetzt finden dort ESA-Experimente statt, die insbesondere dem Aurora-Programm der ESA zugute kommen.

Die Technologien des StarTiger2-Projekts

Im STAR-suit kommt gleich eine ganze Reihe hochmoderner Technologien zusammen – unter anderem Vitaldaten-Messsysteme, neue Sensor-, Kommunikations- und Gehäusetechnologien, flexible Leiterplatten und LCD-Displays, neuartige Gewebe und nahtlos integrierte elektronische Komponenten.

Tampere bei Nacht
Tampere bei Nacht

Auch einige Funktionen des STAR-suit stehen bereits fest: Der fertige Anzug soll zumindest in der Lage sein, die Herz- und Atemfrequenz seines Trägers sowie dessen Bewegungen und Körpertemperatur zu messen – das alles natürlich, ohne ihm bei der Arbeit im Weg zu sein. Auch eine Erweiterung um einen Gefäßindex, ein EKG und ein GPS-System zur Lokalisierung des Trägers werden in Betracht gezogen.

Darüber hinaus sollen verstärkt “intelligente” Textilien zum Einsatz kommen, die sicherstellen, dass der STAR-suit auch die eher grundlegenden Anforderungen an ein Kleidungsstück in vollem Maße erfüllt. Schließlich soll er sich bei aller Technik auch noch bequem tragen, problemlos zu waschen sein und lange halten. Ebenso werden alle Bedienelemente und Kommunikationssysteme direkt in den Anzug integriert, sodass sich der Gesundheitszustand des Trägers auch noch aus der Ferne überwachen lässt.

„Letztendlich wollen wir die Vitaldaten des Trägers oder der Trägerin kontinuierlich und in Echtzeit überwachen können, und zwar ohne ihn oder sie bei der Arbeit zu behindern“, fasst Kircher zusammen.

StarTiger – ein neues Konzept für den Forschungs- und Entwicklungsbereich

Mit „StarTiger“ hat die ESA 2002 ein neues Konzept für den Forschungs- und Entwicklungsbereich auf den Weg gebracht. Die Idee: Ein interdisziplinäres Team hochqualifizierter und hochmotivierter Forscher wird für vier bis maximal sechs Monate in Klausur geschickt, um ein ganz bestimmtes Problem zu lösen. Die „Sternentiger“ haben dabei – unbeschwert von bürokratischen Hürden – unbeschränkten Zugriff auf alle erforderlichen Labor- und Produktionsressourcen. Ziel ist die Verwirklichung innovativer technologischer Konzepte im Zeitraffer.

„Unser Ziel bei StarTiger war und ist es, den Zeitaufwand für die Entwicklung neuartiger Technologien drastisch zu reduzieren“, erklärt Eike Kircher.

Die Terahertz-Kamera aus dem StarTiger1-Projekt bei der Integration
Die Terahertz-Kamera aus dem StarTiger1-Projekt bei der Integration

„Dass in diesem Konzept riesiges Potenzial steckt, hat sich im ersten Projekt gezeigt. In nur vier Monaten haben wir dort einen echten wissenschaftlichen Durchbruch im Terahertz-Imaging erreicht, der vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Weltraumtechnik, aber auch auf der Erde eröffnet.

Inzwischen beschäftigt man sich schon intensiver mit einigen möglichen Anwendungen, wir haben ein Startup zur Realisierung gegründet und einige Patente angemeldet.“

Welche Wissenschaftler an der Neuauflage des Konzepts teilnehmen werden, wird sich schon sehr bald zeigen – wenn nämlich die ESA und die TUT anfangen, gemeinsam die Mitglieder des StarTiger2-Teams auszusuchen.

Intergrundinformationen:

* Star Tiger ist die Abkürzung von “Space Technology Advancements by Resourceful, Targeted and Innovative Groups of Experts and Researchers”. Hierbei handelt es sich um eine ESA-Pionierinitiative im Rahmen des ESA Basic Technology Research Programme (TRP), die Forschung und Entwicklung an innovativen Technologiekonzepten erleichtern und beschleunigen soll.

* Aurora ist Bestandteil der europäischen Raumfahrtstrategie und wurde im Jahre 2001 vom EU-Forschungsrat und dem ESA-Rat gemeinsam auf den Weg gebracht. Hauptziel des Aurora-Programms ist die Konzeption und Umsetzung einer europäischen Langzeitstrategie für die bemannte und unbemannte Erforschung des Sonnensystems. Als realistische Ziele für entsprechende Aktivitäten gelten der Mars, der Mond und Asteroiden.

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