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Euronews: Mission ExoMars nur ein Teilerfolg

26/10/2016 2101 views 25 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Die ExoMars-Mission ist am Roten Planeten angelangt. Die Hauptsonde, der Trace Gas Orbiter (TGO), schwenkte planmäßig auf die Umlaufbahn um den Mars ein, aber die Landung des Schiaparelli-Moduls ist missglückt. Was lief schief? Eine Analyse im Detail.

März 2016: ExoMars startet vom Raumfahrtbahnhof Baikonur. Die Mission ist, in der Marsatmosphäre vor allem nach Methangas zu suchen. Die Muttersonde, der Trace Gas Orbiter, soll den Planeten umfliegen und Daten sammeln. Große Begeisterung, als er planmäßig in die Umlaufbahn einschwenkt. Nicht so viel Glück hat der Lander Schiaparelli, der huckepack mitflog. Er sollte weich und kontrolliert aufsetzen – nach einem Höllenritt mit massivem Abbremsen. Doch nach den ersten erfolgreichen Signalen… Funkstille. 

Am zweiten Tag ist die Lage klarer. Schiaparelli sank zwar gut ab, doch kurz vor der Marsoberfläche lief etwas schief. Der Fallschirm öffnete sich, die Bremstriebwerke hingegen feuerten kürzer als geplant. Mehr wird die weitere Datenanalyse ergeben. 

Schlusspart der Landung ist unklar

 

Schiaparelli ist wahrscheinlich auf dem Mars, aber möglicherweise in Trümmern. ESA-Flugleiter Andrea Accomazzo erläutert im Detail:

Die Landung von Schiaparelli: Was ging schief?
Die Landung von Schiaparelli: Was ging schief?

 “Wir können einen großen Teil des Fluges nachvollziehen, den Anfang, den Hochgeschwindigkeits- und den Fallschirm-Abschnitt. Nur den Schlusspart, als der Fallschirm abgekoppelt und die Bremstriebwerke gezündet wurden – da wissen wir noch nicht, was ablief. Wir haben alle nötigen Daten und werten diese gerade aus, um ein klareres Bild zu bekommen. Es ist wahr, dass dies ein Test für die Schlüsseltechnologien war, die wir entwickelt haben, um dann die nächste Mission durchzuführen. Wir wissen bislang noch nicht, ob die Technologie nicht adäquat ist, oder ob die Informationen aus dieser Technologie nicht richtig vom Bordcomputer genutzt wurden.”

Auf die Frage, ob er sich jetzt wie ein glücklicher oder wie ein enttäuschter Wissenschaftler fühle, antwortet Stephen Lewis vom Wissenschaftsteam: “Es ist ein Wechselbad der Gefühle. Wir hätten uns ein kleines bisschen mehr für die Oberflächenforschung gewünscht. Aber eigentlich geht es bei dem Experiment ja um das Verständnis der Atmosphäre, deren Struktur, deren Dichte. Und diese Information werden wir bekommen, nur nicht das letzte Bisschen. Wissenschaftlich also fast alles, was wir erwarteten.”

Gute Nachricht: Orbiter ist in der Umlaufbahn

Schiaparelli ist nur ein Teil des ExoMars-Projekts. Die gute Nachricht war, dass der Trace Gas Orbiter es erfolgreich in die Mars-Umlaufbahn hineinschaffte. Er soll nach vorrangig nach Methan suchen.

Ann Carine Vandaele vom Königlichen Institut für Weltraum-Aeronomie in Belgien, die das NOMAD-Messinstrument auf dem Trace Gas Orbiter betreut, erläutert: “Auf der Erde ist Methan ein Zeichen für Leben, und da man jetzt Methan auf dem Mars entdeckt hat, stellt sich die Frage, ob es auch Leben auf dem Mars gibt. Das Problem bei den aktuellen Funden ist, dass sie sehr variieren. Einige konnten eher am Marsäquator gemessen werden, andere mehr bei den Polen. Man weiß nicht, warum man sie an bestimmten Stellen und in bestimmten Perioden findet.”

Nicolas Thomas, dessen Team an der Universtität Bern die CaSSIS-Kamera auf dem TGO entwickelte, schränkt aber ein: “Wir wissen, dass vulkanische Mechanismen Methan hervorbringen können, und das hat sehr wenig mit Leben in diesem besonderen Fall zu tun. Man kann auch zum Beispiel in Eis eingeschlossenes Methan haben, und das hat ebenfalls nichts mit dem eigentlichen Leben zu tun. Es wird sehr schwer werden, zu beweisen, dass es Leben ist, das kurzlebige Spurengase in der Atmospähre hervorbringt.”

Die Instrumente des Spurengasorbiters
Die Instrumente des Spurengasorbiters

Manish Patel, für das NOMAD-Spektrometer auf dem Orbiter zuständig: “Methan ist das Gas, das die Schlagzeilen macht und öffentliche Aufmerksamkeit weckt. Wenn wir eine Methanwolke sehen, müssen wir sie verfolgen, kartografieren, schauen, wohin sie fliegt, versuchen herauszufinden, woher sie kommt. Und vielleicht noch einmal mit einer Kamera auf einem Raumfahrzeug nachgucken, die Stelle aufnehmen, von der sie zu kommen scheint. Sehen, ob dort irgendeine interessante geologische Formation erklären könnte, woher das Methan kommt. Wenn wir all das zusammennehmen und alle Messinstrumente auf dem Orbiter nutzen, können wir hoffentlich das Puzzle zusammensetzen und das Geheimnis über das Methan auf dem Mars lüften.” 

Nächste Etappe: Der Rover 2020

 

ExoMars hat höherfliegende Ziele: 2020 soll ein Rover zum Mars geschickt werden für Bohrungen.

ExoMars-Astrophysiker Jean-Pierre Bibring: “ExoMars wird auf einer der Regionen aufsetzen, auf der es auch nah unter der Oberfläche interessanten Boden gibt. Aber auf der Oberfläche kann man immer durch Partikel beeinträchtigt sein, die von der Sonne kommen. Zum ersten Mal wird deshalb ExoMars mit einer Bohrmaschine ausgestattet sein, die Proben bis zu zwei Meter tief unter der Oberfläche nehmen kann, damit wir diese analysieren können. Auf dem Mars haben wir Boden, der mehr als vier Milliarden Jahre alt ist, wir haben ihn identifiziert, weil die Präsenz von Wasser die Mineralien an der Oberfläche veränderte. Wir konnten dort Ton nachweisen, der vor vier Milliarden Jahren entstand – wie ein Zeuge der Vergangenheit. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in diesem Ton, weil es Wasser gab und Kohlenstoffe aus der Luft, Leben entstehen konnte, ähnlich, wie es sich wahrscheinlich auf der Erde zutrug.”

2020 soll ein Rover zum Mars geschickt werden (Im Bild: Testmodell)
2020 soll ein Rover zum Mars geschickt werden (Im Bild: Testmodell)

Die ExoMars-Mission ist ein europäisch-russisches Gemeinschaftsprojekt. Daniil Rodionov, der auf russischer Seite die Mission 2020 mit vorbereitet, meint nach dem Rückschlag mit Schiaparelli, man müsse nicht unbedingt die Art überdenken, in der die Landung 2020 geplant wird. “Ich denke, dass die Landung 2020 nicht so sehr von der Mission 2016 abhängen wird, auch wenn die wichtigsten Technologien dieselben sein werden. Aber der Lander 2020 wird viel schwerer sein. Abgesehen davon hoffe ich, dass unsere europäischen Kollegen herausfinden, was schieflief, und uns helfen weren, diese Art von Problemen in Zukunft zu vermeiden.”

Sein europäischer Kollege Jorge Vago sagt zu den potenziellen Landestellen 2020: ““Wir haben derzeit drei Stellen im Auge. Zwei sind sehr alt, ausgedehnte Ton-Regionen. Der dritte Standort ist ein alter Fluss, ein bisschen wie der Nil, mit flachen Überflutungsgebieten drumherum.”

Rodionov: “Wir haben genügend Hinweise, dass es auf dem Mars Leben gegeben haben kann. Ich hoffe nun, dass wir den echten, unstrittigen Beweis dafür finden. Und ich bin voller Hoffnung!”

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