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Luca Parmitano bei Messungen an seiner Haut für Skin-B
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Experiment Skin-B: Den Hautveränderungen im Weltraum auf der Spur

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ESA / Space in Member States / Germany

 

Etwa zwei Milliarden Hautzellen bilden einen perfekten Rundumschutz des menschlichen Körpers vor Krankheitserregern, UV-Strahlen, Hitze, Kälte und dem Austrocknen. Doch wie reagiert die Haut auf die Bedingungen des Weltraums? Dieser Frage ging das Pilotprojekt SkinCare im Jahre 2006 nach. Dabei wurden Veränderungen offenbar, die mit einer Hautalterung über viele Jahre hinweg vergleichbar sind. Diese Untersuchungen setzt nun das Experiment Skin-B fort, an dem auch Alexander Gerst teilnimmt.

Wie Studien der NASA gezeigt haben, fühlen sich Menschen gerade im All häufig nicht wohl in ihrer Haut. Neben Gleichgewichtsstörungen und Kopfschmerzen stehen Hautprobleme wie Austrocknung, Juckreiz, Schuppenbildung und verzögerte Wundheilung ganz oben auf der Liste gesundheitlicher Schwierigkeiten, mit denen Astronauten zu kämpfen haben. Dies kann insbesondere bei Langzeitmissionen zum echten Problem werden.

Universelles Wahrnehmungszentrum

Mit einer Fläche von bis zu zwei Quadratmetern und einem Gewicht von bis zu zehn Kilogramm ist die Haut das größte Organ des Menschen. Sie besteht aus drei Schichten. Die Oberhaut bildet eine schützende Hornschicht, die Krankheitserreger abwehrt. In der mittleren Schicht – der Lederhaut – befinden sich Blut- und Lymphgefäße sowie Nervenzellen. Über sie nimmt der Mensch Sinneseindrücke wahr – Berührung, Druck, Temperatur oder Schmerz. Den Abschluss bildet die Unterhaut. Sie enthält reichlich Fettgewebe, das als Energiespeicher und Kälteschutz dient. Hier sitzen auch die für den Wärmeausgleich wichtigen Schweißdrüsen sowie die Talgdrüsen, die die Hautoberfläche mit einem Schutzfilm überziehen.

Mit Millionen druck-, temperatur- und schmerzempfindlichen Nervenzellen ausgestattet, stellt die Haut zugleich das größte Sinnesorgan dar, das auf äußere Einflüsse höchst sensibel reagiert. Unsere Haut ist – kurz gesagt – ein Multifunktionsorgan. Und ein extrem wichtiges dazu.

Hautbeobachtung im Weltraum

Hightech-Instrumente können physiologische Veränderungen der Haut ermitteln.
Hightech-Instrumente können physiologische Veränderungen der Haut ermitteln.

2006 führte der deutsche ESA-Astronaut Thomas Reiter im Rahmen der sechsmonatigen Astrolab-Mission das Hautexperiment SkinCare durch. Die Messungen belegten, dass die Oberhaut deutlich dünner wurde. Auch die Felderung der Haut wurde gröber, ein untrüglicher Maßstab für deren Alter.

Insgesamt gesehen entsprachen die beobachteten Veränderungen einer Hautalterung im Zeitraffer. Die mit Creme behandelten Hautpartien wiesen bessere Feuchtigkeitswerte auf und waren weniger rau. Wichtig ist jedoch die Erkenntnis, dass sich diese Veränderungen innerhalb eines Jahres nach Rückkehr zur Erde wieder zurückgebildet hatten. Die Haut ist also nicht wirklich gealtert.

Skin-B: Neues von der Haut

Größtes Manko des SkinCare-Experimentes: Das Pilotprojekt hatte nur einen Probanden. Das reicht für allgemeingültige Aussagen natürlich nicht aus. Deshalb sollen die Befunde mit dem Experiment Skin-B verifiziert werden. Wie bereits bei SkinCare wird auch Skin-B von der Dermatronnier GmbH & Co. KG, einem der Privatuniversität Witten/Herdecke angegliederten wissenschaftlichen Institut für experimentelle Dermatologie, geleitet und durchgeführt.

Das vom DLR geförderte Skin-B-Experiment, das kooperativ mit der ESA und der NASA umgesetzt wird, läuft an Bord der ISS seit 2013. Erster Skin-B-Versuchsteilnehmer war der italienische ESA-Astronaut Luca Parmitano (2013). Alexander Gerst wird diese Forschung nun fortsetzen.

Insgesamt sollen drei bis fünf Langzeitastronauten der ESA und der NASA dieselben Messungen an sich selbst durchführen. Jeweils über sechs Monate hinweg wird ausschließlich die unbehandelte Haut der Astronauten beobachtet. Dabei werden mit speziellen Instrumenten sowohl der Feuchtegehalt als auch der Wasserverlust der Haut überprüft. Eine kleine Spezialkamera dokumentiert die Veränderungen der Hautoberfläche.

Altern im Zeitraffer: Interessant für die Industrie

Experimente wie SkinCare und Skin-B tragen wesentlich dazu bei, Veränderungsprozesse der Haut besser verstehen zu können. Das betrifft ebenso Phänomene, wie die verzögerte Wundheilung oder Allergien. Die Erkenntnisse betreffen indirekt aber auch weitere Organe, denn Veränderungen der Haut lassen frühzeitig Rückschlüsse auf andere, systemische Krankheiten zu.

Generelle Rückschlüsse auf Alterungsprozesse der Haut ermöglichen zudem neue Ansätze zur Entwicklung von effektiven Gegenmaßnahmen. Bestätigt sich die Hautalterung im Zeitraffer, böte dies für Industriepartner aus den Bereichen Kosmetik, Nahrungsmittelergänzung und Pharma interessante Ansätze. Speziell die Hersteller von Anti-Aging- sowie von Hautpflege- und Hautschutzprodukten könnten diese reversible „Turbo-Alterung“ nutzen, um auf der Raumstation in relativ kurzer Zeit die Effekte ihrer Produkte zu untersuchen, für die auf der Erde jahrelange Studien erforderlich wären.

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