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Gravitationswellen

05/10/2015 2761 views
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Man stelle sich folgende Szene vor: zwei riesige Schwarze Löcher, jedes vergleichbar groß wie das gesamte Sonnensystem, kreisen auf Spiralen umeinander. Mehr und mehr nähern sich die beiden, bis sie sich schließlich berühren und dann zu einem einzigen, noch größeren Schwarzen Loch verschmelzen.

Was würde man von einem solchen Ereignis sehen? Zwar emittieren Schwarze Löcher kein Licht, sie sind für unsere Augen also unsichtbar. Anders wäre es jedoch, wenn wir Gravitationswellen sehen könnten. Die Abbildung zeigt, wie dann das Verschmelzen der beiden Schwarzer Löcher aussehen würde. Es ist eine Darstellung der Gravitationswellen, die vom Ort einer solchen katastrophalen Kollision ausgehen würden, berechnet wurde das Bild am Computer. Ein bisschen ähneln die Gravitationswellen anderen Wellen, nämlich denjenigen, die über ein Gewässer laufen, nachdem dort ein Kiesel hinein geworfen wurde.

Natürlich sind Gravitationswellen keine Wasserwellen, sondern Wellen im Gewebe der Raumzeit. Diese ist das mathematische Konzept von Raum und Zeit, wie es Albert Einstein in seiner allgemeinen Relativitätstheorie zur Erklärung der Schwerkraft formuliert hat. Zwar haben Astrophysiker schon vor längerem indirekte Hinweise auf Gravitationswellen gefunden, jedoch wurden diese geheimnisvollen Wellen nie direkt beobachtet. Ihr Nachweis würde ganz neue Möglichkeiten zur Untersuchung des Universums eröffnen. Astrophysiker haben dazu bodengestützte Detektoren gebaut, die diese Wellen auffangen sollen – noch immer eine enorme technische und wissenschaftliche Herausforderung.

Denn Gravitationswellen direkt zu messen ist sehr schwirieg. Die Wellen verursachen nur winzige Änderungen in der Raumzeit, deshalb können nur extrem präzise Messungen diese Wellen nachweisen; es geht um Genauigkeiten von 1 zu 1.000.000.000.000.000.000.000. Was bedeutet das? Auf die Entfernung Erde-Sonne bezogen, entspricht dies der Größe eines Wasserstoffatoms.

Nach jahrzehntelangen Experimenten und der ständigen Verbesserung stehen die Gravitationwellen-Detektoren kurz vor der erforderlichen Empfindlichkeit. Physiker erwarten die ersten Nachweise in den kommenden Jahren. Doch diese bodengestützten Detektoren können nur die Hälfte der Geschichte erzählen.

 

Warum? Die Masse der kollidierenden schwarzen Löcher bestimmt die Frequenz der Gravitationswellen. Bei der Verschmelzung von kleinen schwarzen Löchern, die jeweils über wenige Sonnenmassen verfügen, also sogenannten stellaren Schwarzen Löchern, werden Gravitationswellen mit hohen Frequenzen abgestrahlt. Diese können sehr wahrscheinlich vom Boden aus nachgewiesen werden.

 

Anders bei den Kollisionen der riesigen Schwarzen Löcher, die im Fachjargon Super Massive Black Holes heißen. Diese riesigen Exemplare, die mit millionenfacher Sonnenmasse im Zentrum von Galaxien existieren, erzeugen bei Kollisionen Gravitationswellen von viel niedrigeren Frequenzen. Mit Detektoren am Boden können solche Ereignisse nicht entdeckt werden, da ihre schwachen Signale im „Lärm“ seismischer und anderer irdischer Störungen untergehen. Für solche Gravitationswellen sind im Weltraum stationierte Observatorien unabdingbar.

Die ESA hat das „Gravitations-Universum“ als Thema der dritten großen Weltraummission im Cosmic-Vision-Programm ausgewählt, der Starttermin dafür ist etwa 2034. Um die Geheimnisse des Gravitations-Universums zu entschlüsseln ist eine sehr ehrgeizige Mission erforderlich. Zu deren Vorbereitung wird die ESA im November 2015 LISA-Pathfinder starten, um einige der wesentlichen Technologien zu testen, die für die künftigen satellitengestützten Gravitationswellen-Observatorien nötig sind.

 

Dieses Bild zeigt eine Computersimulation der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher und der damit verbundenen Emissionen von Gravitationswellen; es wurde 2012 von der NASA veröffentlicht.

  • Science & Exploration

    If our eyes could see gravitational waves

    28/09/2015 14241 views 145 likes
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