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Luca Parmitano installiert die FASES-Box im Fluide Science Laboratory
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Langzeitexperiment FASES und FASTER: Erzeugung von Emulsionen hoher Stabilität

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ESA / Space in Member States / Germany

Emulsionen spielen bei Lebensmitteln, Kosmetika oder Reinigungsmitteln eine wichtige Rolle. Sie bestehen aus zwei, normalerweise nicht mischbaren, Flüssigkeiten. Ob Milch, Mayonnaise oder Hautcremes: Die theoretischen Zusammenhänge ihrer Bildung und Stabilität werden bis heute nur im Ansatz verstanden. Klar ist den Forschern inzwischen, dass die Schwerkraft dabei eine entscheidende Rolle spielt. Um die anderen Einflussgrößen ungestört untersuchen zu können, erforscht ein internationales Team im Rahmen der ESA-Langzeitexperimente FASES und FASTER Emulsionen in der Schwerelosigkeit.

Was sind Emulsionen?

Emulsionen sind Gemische zweier Flüssigkeiten, meistens Wasser und Öl, von denen eine Komponente als feinste Tröpfchen in der zweiten Komponente verteilt vorliegt. Sie lassen sich nicht ohne Hilfsmittel, den sogenannten Emulgatoren oder Tensiden, herstellen.

Emulgatoren sind Substanzen, die die Oberflächenspannung der Flüssigkeitströpfchen im Gemisch herabsetzen und gleichzeitig als „Kontaktstelle“ zwischen den Substanzen auftreten. Erst dadurch wird eine Emulsionsbildung ermöglicht.

Die Emulsionskomponenten haben jedoch einen entscheidenden Nachteil: Sie entmischen sich oder lösen sich nach einer gewissen Zeit wieder auf. Das geschieht selbst bei Zugabe von Emulgatoren und weiteren Stabilisatoren nach längerer Zeit.

Entscheidender Einflussfaktor: die Schwerkraft

Am sich ändernden Tropfen werden im All Messungen vorgenommen
Am sich ändernden Tropfen werden im All Messungen vorgenommen

Die Industrie ist bestrebt, hochstabile Emulsionen für sehr lange Zeiträume herzustellen. Aber was sind die wirksamsten Mittel zur Erreichung dieses Ziels? In welchen Mengeneinheiten müssen sie beigemischt werden? Welche Technologie erweist sich als optimal, um langlebige Erzeugnisse zu erhalten?

Forscher, wie Dr. Reinhard Miller vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam wollen Antworten auf diese Fragen finden, denn bis heute sind die Technologen in der Industrie auf empirisches Wissen angewiesen.

Daher müssen die Wissenschaftler zunächst herausfinden, welche Effekte an den Grenzflächen der sich vermischenden Flüssigkeiten ablaufen. Diese Effekte spielen eine Schlüsselrolle im Verhalten von Emulsionen. Dabei wurde Dr. Miller und seinen Mitarbeitern bei ihren jahrelangen Forschungen immer mehr bewusst, dass ein entscheidender Einflussfaktor sowohl bei der Bildung als auch bei der Entmischung von Emulsionen die Schwerkraft ist. Untersuchungen unter den Bedingungen der Mikrogravitation könnten diese ausschalten und zur genauen Erforschung anderer physikalischer Einflussfaktoren an den Tröpfchen-Grenzflächen führen.

Emulsionen unter Mikrogravitation

Das Fluid Science Laboratory
Das Fluid Science Laboratory

Deshalb beteiligen sich die Potsdamer Forscher seit 2000 an FASES und FASTER. Das sind langfristige ESA-Projekte zur Erforschung der Prinzipien der Emulsionsbildung, die von nationalen Raumfahrtagenturen wie dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unterstützt werden. FASES steht für Fundamental and Applied Studies of Emulsion Stability, also Grundlagen- und Anwendungsstudien zur Emulsionsstabilität und FASTER für Facility for Adsorbtion and Surface Tension, also eine Einrichtung zur Untersuchung von Emulsionsstabilitäten.

FASES ist eine 35 Kilogramm schwere und 40 x 28 x 27 Zentimeter große Box, die als Einschub im Fluid Science Labor (FSL) der ESA im europäischen Columbus-Modul betrieben wird. Sie beherbergt 44 kleine, mit Flüssigkeitsproben gefüllte Experimentzellen, zwei Diagnose-Einheiten und eine Fördereinrichtung. Es gibt zwei verschiedene Zelltypen, einmal für ein transparentes Wasser/Hexan-Gemisch mit dazu passendem Emulgator und zum anderen für ein Wasser/Paraffin-Gemisch mit Emulgator. Untersucht werden verschiedene Effekte an den Oberflächen einzelner Tropfen. Die Experimentzellen werden dazu an den zwei Diagnoseeinheiten vorbeigeführt, wo der zu untersuchende Tropfen in der Zelle in Schwingung versetzt wird. Dabei erfolgt die Messung verschiedener Parameter wie beispielsweise die Elastizität der Tropfenoberfläche

Der FASES-Experimenteinschub wurde 2013 mit dem europäischen Raumtransporter ATV 4 „Albert Einstein“ zur ISS befördert und Mitte 2013 in Betrieb genommen. Die Experimente werden nun bei der Mission Blue Dot fortgeführt.

Im April 2013 gelangte die FASTER-Experimenteinheit mit dem Frachttransporter SpaceX 3 zur ISS und wurde in den Europäischen Experimenteschrank (European Drawer Rack - EDR) eingesetzt. Das Experimentalprogramm wird bis zum Herbst 2014 andauern. 

Erste Ergebnisse

Die bisherigen Ergebnisse führten bereits zu verbesserten theoretischen Modellen, für die sich besonders der italienische Mineralölkonzern ENI als auch der weltgrößte Nahrungsmittelkonzern Nestlé interessieren.

Die aktuellen Ergebnisse von FASES sollen als Basis für weitere komplexe Forschungen an Emulsionen unter den Bedingungen der Mikrogravitation dienen. Erwartet werden grundlegende Erkenntnisse zum dynamischen Verhalten von Emulsionen, die für industrielle Anwendungen genutzt werden können. Wunschtraum der Forscher: Maßgeschneiderte Mischungen für unterschiedlichste industrielle Anwendungen finden.

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