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Living Planet: Neue Erderkundungs-Missionen

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ESA / Space in Member States / Germany

Ende Mai wird die ESA die Entscheidung über neue Forschungsmissionen für ihr Erderkundungsprogramm „Living Planet“ treffen. Sechs Kandidaten sind nach dem Durchlaufen verschiedener Auswahlverfahren noch im Rennen.

Die Earth-Explorer-Satelliten des Living-Planet-Programms:

Die Tabelle enthält sowohl die vier sich in Realisierung befindlichen Satelliten als auch die sechs Kandidaten für künftige Missionen.

 

Satellit Status geplanter Start
CryoSat lfd. Projekt November 2004
GOCE lfd. Projekt 2006
SMOS lfd. Projekt 2007
ADM-Aeolus lfd. Projekt 2007
     
ACE+ Kandidat
EGPM Kandidat
SWARM Kandidat
EarthCARE Kandidat
SPECTRA Kandidat
WALES Kandidat

Die Kandidaten für künftige Earth Explorer Missionen

1. ACE+ (Atmosphere and Climate Explorer)

Grafik des ACE+-Satelliten
Grafik des ACE+-Satelliten

Hauptziel der Mission ist es, Veränderungen der globalen Temperatur- und Wasserdampfverteilung in der Atmosphäre aufzuspüren und so wertvolle Basisdaten für den schleichenden Klimawandel zu gewinnen.
Hierzu sollen vier Satelliten von einer sonnensynchronen Umlaufbahn aus mit höchster Genauigkeit Temperatur- und Wasserdampf-Profile der Troposphäre (Wetterschicht) sowie der Stratosphäre erstellen. Damit würden global zwei klimarelevante Größen in einem mächtigen Profil von der Erdoberfläche bis in eine Höhe von fast 50 km über einen langen Zeitraum erfasst werden können. Das Besondere an der Mission ist, dass es sich um zwei sich ergänzende Satellitenpaare auf unterschiedlichen Höhen in 650 km sowie 800 km Höhe handelt, so dass miteinander vergleichbare Daten gewonnen werden können.
Nützliches „Abfallprodukt“ der ständig anfallenden Feuchtigkeits- und Temperaturmessungen ist die Integration der Daten in Wetterdienst-Systeme zur deutlichen Verbesserung der Wettervorhersage.

2. EarthCARE (Earth Clouds, Aerosols and Radiation Explorer)

EarthCARE soll Wolken und Aerosole erforschen
EarthCARE soll Wolken und Aerosole erforschen

Lange Zeit wurde die Bedeutung der Wolken, Aerosole sowie der atmosphärischen Strahlung unterschätzt. Besonders Aerosole, das sind allerfeinste feste oder flüssige Schwebstoffpartikel, spielen in der Chemie der Erdatmosphäre eine große Rolle, da zwischen ihnen chemische Reaktionen mit der Bildung aggressiver Substanzen stattfinden können. Aerosol-Salzwasser-Tröpfchen sind beispielsweise für ein neues Ozon-Phänomen am Nordpol verantwortlich. Mehrmals im arktischen Frühling verschwindet über einer Fläche von einigen tausend Quadratkilometern innerhalb weniger Stunden das Ozon-Gas vollständig in der untersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre.
Kern des europäisch-japanischen Vorschlages ist ein Satellit auf einer Polarbahn, der aus 450 km Höhe die horizontale sowie vertikale Verteilung von Wolken, Aerosolen und Strahlung sowie ihre wechselseitigen Beziehungen zueinander mit verschiedenen Sensoren wie Lidar (Laser Radar), Radar, Radiometer und Spektrometern ermitteln soll.

3. WALES (Water Vapour Lidar Experiment in Space)

WALES zur Untersuchung des Wasserdampfes in der Atmosphäre
WALES zur Untersuchung des Wasserdampfes in der Atmosphäre

Daten zur globalen Verteilung von Wasserdampf sind von eminenter Bedeutung für das Verständnis der Wolkenbildung, des Wasserkreislaufs, des Energiehaushalts, der atmosphärischen Strahlung sowie der atmosphärischen Zirkulation. Hinter dem Projekt WALES verbirgt sich ein Satellit mit einer Polarbahn, der aus 450 km Höhe den Wasserdampfgehalt der Troposphäre sowie der unteren Stratosphäre – also einen Abschnitt von der Erdoberfläche bis in eine Höhe von etwa 25 km – mittels Lidar hochpräzise erfassen soll.

4. EGPM (European contribution to Global Precipitation Measurement)

Der globale Wetterspäher EGPM
Der globale Wetterspäher EGPM

Hier geht es um den Europäischen Beitrag zu einem großen internationalen Projekt der globalen Erfassung schnell wechselnder Wetter-Erscheinungen. Im Focus des GPM-Projektes (Global Precipitation Measurement) stehen flächendeckende Niederschlagsmessungen (Regen, Schnee), die Beobachtung von Stürmen sowie eine verbesserte Vorhersage und damit auch eine verbesserte Warnung vor den durch Stürmen ausgelösten Naturgewalten (Sturmfluten, Hochwasser).

GPM ist das Nachfolgeprojekt der NASA/NASDA-Gemeinschaftsmission zur Messung des tropischen Niederschlags (TRMM). Bei der neuen Initiative geht es natürlich auch um die Ressource „Wasser“. Die mit der globalen Temperaturerhöhung verbundene Verschiebung der Klimazonen führt weltweit zu einer neuen Aufteilung der Niederschlagsmengen und damit zu einer Umverteilung vorhandener Wasserressourcen. Der weltweite Kampf um das Süßwasser wird angesichts einer rasant steigenden Weltbevölkerung in den kommenden Jahrzehnten an Schärfe zunehmen.

Die Realisierung des GPM-Projektes erfordert eine mit Mikrowellen-Messgeräten (Niederschlags-Radar und –Radiometer) bestückte Satellitenflotte, die aus einem Hauptsatelliten und mehreren global verteilten Kleinsatelliten besteht. Alle drei Stunden werden weltweit Niederschläge (Art, Intensität) sowie Stürme (Ausdehnung, Heftigkeit) erfasst und ihre Ergebnisse entweder direkt oder über Relaissatelliten (beispielsweise TDRSS oder GPM-Hauptsatellit) an eine Bodenstation übertragen, die die Daten dann zur globalen Wetterzentrale weiterleiten.
Einer dieser Satelliten könnte aus Europa kommen – eine Core-Explorer-Mission. Der mit einem Mikrowellen-Radiometer sowie einem Niederschlags-Radar bestückte europäische EGPM würde auf einer sonnensynchronen, polarnahen Umlaufbahn in 510 km Höhe agieren.

5. SPECTRA (Surface Processes and Ecosystem Changes Through Response Analysis)

SPECTRA
SPECTRA

Der Einfluss der Vegetation auf das globale Klima und damit auf das Ökosystem Erde ist noch immer stark umstritten. Mit dieser Satellitenmission soll ihre Rolle im Rahmen des globalen Kohlenstoffkreislaufes geklärt werden.
Der Kohlenstoff in der Erdatmosphäre, der im CO2 gebunden den natürlichen Treibhauseffekt mit verursacht, stellt nur einen geringen Teil des auf der Erde vorhandenen Kohlenstoffs dar. Wir Menschen verschieben jedoch das ursprünglich vorhandene natürliche Gleichgewicht in zunehmendem Maße, indem wir drei Kohlenstoffspeicher angreifen: Wir fördern und verbrennen fossile Brennstoffe, reduzieren den Waldbestand des Planeten und verringern durch landwirtschaftliche Nutzung den Kohlenstoffgehalt des Bodens. Folge ist ein vermehrter CO2-Eintrag in die Atmosphäre.
Es wird angenommen, dass damit der Treibhauseffekt verstärkt wird. Aber ist das tatsächlich so? Oder können natürliche Speicher, wie Vegetation und Ozeane, diese CO2-Zunahme möglicherweise sogar kompensieren?
Dieser Frage soll die SPECTRA-Mission nachgehen. Der mit Spektrometern bestückte Satellit wird hierzu von einer polaren Umlaufbahn aus 670 km Höhe mehrere Jahre weltweit exakte Daten sammeln. Die Wissenschaftler hoffen, dadurch die Beziehungen zwischen Vegetation und dem Kohlenstoff-Kreislauf besser verstehen und die sich daraus ergebenden klimatischen Auswirkungen präziser bestimmen zu können.

6. SWARM

Drei SWARM-Kleinsatelliten erkunden das Erdmagnetfeld
Drei SWARM-Kleinsatelliten erkunden das Erdmagnetfeld

Bei der aus drei identischen Kleinsatelliten bestehenden Mission (ursprünglich waren vier Satelliten geplant) geht es um die Erkundung der Dynamik des Erdmagnetfelds und seine Auswirkungen auf das Klima.
Dass sich das Magnetfeld der Erde ständig ändert und seine magnetischen Pole wandern ist bekannt. In den letzten 150 Jahren hat die Magnetfeldstärke stetig abgenommen, was mit einem anstehenden Umkehren von magnetischem Nord- und Südpol zusammenhängt. Derartige Umpolungen gab es in der Vergangenheit schon mehrfach, so dass es sich um eine normale Entwicklung handelt.
Andererseits dienen das Erdmagnetfeld sowie seine Atmosphäre zugleich als Schutzschild vor der gefährlichen solaren Strahlung, dem so genannten Sonnenwind. Träfe dieser Sonnenwind ungefiltert auf die Erdoberfläche, würden höher entwickelte Lebensformen tödlich verstrahlt werden. Änderungen des Magnetfeldes können also existenzielle Auswirkungen sowohl für bestimmte Regionen der Erde als auch für den gesamten Planeten haben.

Es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Magnetfeld, Atmosphäre und Klima. Noch weitestgehend unbekannt sind die langfristigen Auswirkungen eines sich ändernden Magnetfeldes auf das irdische Klimageschehen.
SWARM soll deshalb die bisher genaueste Vermessung des Erdmagnetfeldes und seiner zeitlichen Veränderungen vornehmen. Die drei Satelliten erfassen die Daten von polaren Umlaufbahnen aus 400 bis 550 km Höhe.

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