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Plancks Teleskop sammelt auch noch die kältesten Photonen
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Planck: Dem Urknall ins Auge blicken

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Das nach dem deutschen Physiker und Nobelpreisträger Max Planck (1858 – 1947) benannte Teleskop soll die aus der Frühzeit des Universums stammende kosmische Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich mit bisher unerreichter Präzision kartieren.
Diese Strahlung ist das schwach vernehmbare Echo des Urknalls. Sie enthält viele Informationen über die Frühphase des Universums, erlaubt aber auch Rückschlüsse auf die Verteilung und Entwicklung der Materie. Hier hoffen die Wissenschaftler ein ungelöstes Problem der Kosmologie lösen zu können: Wo steckt die Materie?

Seit vielen Jahrzehnten weiß die Wissenschaft, dass es bedeutend mehr Materie im Universum gibt, als bisher gefunden wurde. In dem nach Beobachtungsergebnissen erstellten Standardmodell des Universums dominiert die dunkle Energie (mehr als 70 Prozent), etwa 23 Prozent trägt die dunkle Materie bei, und nur etwa vier Prozent sind Atome, aus denen das uns bekannte Universum zusammengesetzt ist. Man nimmt an, dass sich hinter der unbekannten Materie eine bislang unbekannte Sorte subatomarer Teilchen verbirgt. Wenn es sie tatsächlich geben sollte, könnten sie mit Hilfe des Studiums der kosmischen Hintergrundstrahlung gefunden werden. Sie gilt daher als Schlüssel für weitere kosmologische Erkenntnisse.

Wie mit dem Big Bang das Universum entstand

Planck kartiert kosmische Hintergrundstrahlung
Planck kartiert kosmische Hintergrundstrahlung

Das Universum weist eine dramatische Entstehungsgeschichte auf. Da die kosmische Hintergrundstrahlung die früheste direkt beobachtbare Signatur der Geburt des Universums darstellt, bildet sie zugleich eine der wesentlichen Stützen unseres kosmologischen Weltbildes. Sie gilt als Beleg, dass vor etwa 13,7 Milliarden Jahren mit dem Big Bang – dem Urknall – Materie, Raum und Zeit gemeinsam entstanden und sich seitdem in einem expandierenden Universum fortentwickeln.

Vor 13,7 Milliarden Jahren war das Universum extrem heiß, klein und undurchsichtig. Es bestand aus einer ionisierten Gaswolke. Mit immer größer werdendem Raum kühlte sich das einstige Billionen Grad heiße Plasma ab. Als die Temperatur auf unter 10 000 Grad fiel, verbanden sich freie Elektronen und Protonen zu Wasserstoffatomen. Auch die ersten Photonen konnten sich ungestört ausbreiten. Das Universum, mittlerweile 300 000 Jahre alt, begann damit durchsichtig zu werden.
80 000 Jahre später, also im Babyalter von 380 000 Jahren, war dieser Umbruchprozess nahezu abgeschlossen und der nunmehr auf 3000 Kelvin abgekühlte, durchsichtige Raum von neutralem Wasserstoffgas erfüllt. Alle Strukturen, die wir heute im Universum sehen, wie Galaxien oder Galaxienhaufen, waren zu diesem Zeitpunkt bereits in Form von winzigen Fluktuationen der Materiedichte angelegt.

Das frei gewordene Licht des Urknalls ist noch heute im Weltraum unterwegs und als kosmische Hintergrundstrahlung messbar. Nur hat sich aufgrund der kosmischen Expansion die Energie der Photonen soweit verringert, dass sie heute im Mikrowellenbereich mit einer Temperatur von nur noch etwa 2,7 Kelvin empfangen werden. Diese Strahlung bietet aber auch heute noch ein getreues Bild des Universums, wie es vor etwa 13,4 Milliarden Jahren aussah – genau zu der Zeit, als es durchsichtig wurde.

Photonen: Für die Wissenschaft Reise in den Tod

Planck erhält seine Solarzellen-Arrays
Planck erhält seine Solarzellen-Arrays

Um den Weg einmal nachzuvollziehen, stellen wir uns eine Gruppe von Photonen vor, die im zarten Kindesalter von 380 000 Jahren ihre Reise beginnen. Die energiereichen Teilchen starten als Photonen des sichtbaren Lichts bei einer Wellenlänge von 0,5 Mikrometern. Aufgrund der gigantischen kosmischen Expansion des Alls kühlen sie ab und ihre Wellenlänge wächst an. Hin und wieder gehen ein paar Photonen durch Wechselwirkung mit anderen Teilchen verloren. Doch der größte Teil von ihnen erreicht unbeanstandet unser Sonnensystem.

Ihre Wellenlängen sind inzwischen auf einige Millimeter angewachsen. Damit ist aus dem sichtbaren Licht Mikrowellenstrahlung geworden. Mittlerweile sind die Photonen auch zu eiskalten Teilchen mutiert. Nach dieser schier unendlichen Reise von 13,4 Milliarden Jahren treffen die Photonen plötzlich auf ein metallisches Hindernis: die Oberfläche des 1,5 Meter großen Hauptspiegels von Planck. Dieser lenkt die Teilchen in sein Inneres, wo sie auf dramatische Weise ihr Leben für die Wissenschaft beenden.

Der Primärspiegel fokussiert die ankommende Mikrowellenstrahlung nämlich auf zwei hochempfindliche Detektoren: das Niederfrequenzinstrument LFI und das Hochfrequenzinstrument HFI. Diese beiden Detektoren sind so konstruiert, dass sie über einen weiten Frequenzbereich jene kosmologisch signifikanten Temperaturunterschiede messen können, die erst auf der fünften und sechsten Nachkommastelle auftreten. Dann erst werden Strukturen transparent, deren Ursprung in der frühen, heißen Phase der kosmologischen Entwicklung liegt.

Im Focus: die kosmische Hintergrundstrahlung

Anderthalb Jahre soll Planck die kosmische Hintergrundstrahlung des gesamten Himmels im Mikrowellenbereich in neun Frequenzbändern kartieren. Dabei werden in jeder Sekunde 15 000 Datensätze gewonnen. Spezielle Auswerteverfahren sollen aus der Datenflut die Spreu vom Weizen trennen und am Ende ein Dutzend kosmologischer Parameter zur weiteren Qualifizierung des Weltmodells ableiten.

Von den Ergebnissen versprechen sich die Astronomen neue Einsichten in die Anfänge und die Entwicklung des gesamten Kosmos. Und damit Antworten auf erkenntnistheoretische Fragen, die auch von allgemeinem Interesse sind, wie beispielsweise:

  • Wie alt ist das Universum, wie groß ist seine Masse?
  • Wie verteilen sich die Anteile von normaler und dunkler Materie sowie dunkler Energie?
  • Wie schnell expandiert das Universum?
  • Wie sieht die Zukunft des Universums aus?

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