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Das NightPod-Stativ in der Cupola montiert
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Technologiedemonstration NightPod: Scharfe Bilder in der Nacht

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ESA / Space in Member States / Germany

Lange Zeit war es den ISS-Astronauten kaum möglich, gestochen scharfe Nachtaufnahmen von der Erdoberfläche zu gewinnen. Schuld waren die Bedingungen an Bord der ISS. Die ESA löste das Problem: Ein Hightech-Kamerastativ namens NightPod macht nun das Unmögliche möglich. Der NightPod gleicht die Flugbewegung der ISS aus, indem er die Kamera automatisch nachführt. Dadurch bleibt das anvisierte Motiv stets im Zentrum. Auf der umfangreichen To-do-Liste von Alexander Gerst steht auch die Arbeit am NightPod.

Fotos aus der Erdumlaufbahn

Selbst Amateurfotografen kennen das Problem: Aufnahmen im Dunkeln erfordern eine lange Belichtungszeit. Auf der Erde kann oft ein Blitzlicht Abhilfe schaffen, aber aus 400 Kilometern Höhe bleibt als Ausweg nur ein Stativ übrig.

Bei bewegten Objekten wird es noch kniffliger, denn die Kamera muss nachgeführt werden. Dieser Problematik haben sich auch die Astronauten auf der Raumstation zu stellen. Immerhin rast die ISS mit 28 000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Sie legt also in jeder Sekunde fast acht Kilometer zurück.

Deshalb regte der niederländische ESA-Astronaut André Kuipers an, eine völlig neuartige Nachführhilfe zu entwickeln. Die ESA hat daraufhin das Projekt NightPod erarbeitet und unter ihrer Federführung mit Firmen aus den Niederlanden (Cosine Science & Computing BV) und Deutschland (Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH) realisiert. Der Projektname leitet sich aus dem englischen Night für Nacht und Tripod für dreibeiniges Stativ ab.

Cupola: Der beste Blick auf die Erde

Die Stadt Liegé/Belgien aufgenommen mit Hilfe des NightPods
Die Stadt Liegé/Belgien aufgenommen mit Hilfe des NightPods

Das Hightech-Gerät wurde Ende 2011 zur ISS gebracht und in der Aussichtsplattform Cupola (Kuppel) untergebracht. Von hier werden die Erdaufnahmen gemacht. Die Montage des Gerätes und das Einstellen des Systems sind kinderleicht. Nach etwa 20 Minuten sind der NightPod sowie die Kamera mit dem entsprechenden Objektiv einsatzbereit.

Die Cupola ist anderthalb Meter hoch und hat einen maximalen Durchmesser von knapp drei Metern. Sie bietet Platz für zwei Astronauten. Sechs trapezförmige Seitenfenster und ein großes rundes Zentralfenster gewährleisten einen Panoramablick auf die Erde oder das sternenübersäte Weltall. Von der Cupola aus steuern die Astronauten auch den Roboterarm der Station, überwachen Weltraumausstiege sowie An- und Abkopplungsmanöver der Raumschiffe.

Das Projekt NightPod

Das NightPod-System wurde so konstruiert, dass es an sechs verschiedenen Positionen in der Cupola fixiert werden kann. Über zwei elektronisch gesteuerte Achsen lässt sich die Kamera auf dem NightPod hochpräzise ausrichten. Die Astronauten müssen nur die Koordinaten des ausgewählten Motivs und die Überflughöhe der ISS eingeben. Der NightPod errechnet daraus die Nachführgeschwindigkeit und den Auslösezeitpunkt für scharfe Aufnahmen.

Anfang 2012 begann die Erprobung des NightPods. Bereits die ersten Nachtaufnahmen von Kuipers lösten wahre Begeisterungsstürme aus. Bewährt hat sich eine Nikon 3DS-Vollformatkamera mit einem lichtstarken 85-Millimeter-Objektiv. Für das Anfertigen der Bilder erwies sich als optimale Standardeinstellung eine Belichtungszeit von 1/4 Sekunde bei ISO 3200. Jedes Bild deckt einen etwa 160 Kilometer breiten Abschnitt der Erde ab.

Überwältigender Erfolg führt zu NightPod 2

Die ESA verfolgt mit dem Einsatz von NightPod mehrere wissenschaftliche Zielstellungen. Aufnahmeserien über längere Zeiträume ermöglichen Forschern Rückschlüsse auf die wachsende Ausbreitung von Siedlungen mit ihrer stetig steigenden Lichtverschmutzung zu ziehen. In den städtischen Agglomerationen wird es nachts nicht mehr richtig dunkel. Die Auswirkungen auf die Menschen sowie die Tier- und  Pflanzenwelt sind bisher kaum erforscht.

Andere Wissenschaftler nutzen die einmaligen Übersichtsaufnahmen zur Untersuchung der bizarren Polarlichter sowie von Wetterphänomenen. Eine weitere Zielstellung ist der Einsatz zu Bildungszwecken, um Schülern und Studenten geografische und demografische Zusammenhänge näher zu bringen.

Inzwischen werden alle Astronauten am NightPod ausgebildet. Auch Alexander Gerst wird mit seiner Hilfe neue Fotos von der Erde schießen.

Der große Erfolg des Systems hat bei der ESA zur Planung eines NightPod 2 geführt. Dieses Gerät soll dann über drei elektronisch gesteuerte Achsen verfügen und noch einfacher zu bedienen sein.

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