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Cassini-Huygens vor komplexen Tests
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Cassini: Ein Gigant zum Saturn

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ESA / Space in Member States / Germany

Cassini ist mit seiner Höhe von 6,80 Meter und einem Durchmesser von 4 Meter einer der größten und komplexesten Raumflugkörper, der je gebaut wurde. Damit die Sonde ihren Tandempartner Huygens huckepack zum Ziel führen kann, sind beide durch einen Adapter miteinander verbunden. Eine Art Nabelschnur, die beide Flugkörper gerade in der kritischen Startphase fest zusammenhält, aber auch während des Fluges untereinander die Kommunikation sichert.

5712 Kilogramm bringt der Forschungsgigant beim Start auf die Waage. Davon entfallen jedoch 3132 Kilogramm, also mehr als 50 %, auf Treibstoff. Darin eingeschlossen sind auch Treibstoffreserven, die eine hohe Flexibilität der Missionsdurchführung ermöglichen und – gegebenenfalls – auch eine Verlängerung der Primärmission erlauben.

Multi-Kommunikator zwischen Erde und Saturn

Sie sind nicht zu übersehen: Spinnenartig ragen verschiedene Ausleger und Antennen aus der ansonst sehr kompakten Cassini-Sonde heraus. An einem elf Meter langen Mast befinden sich zwei Magnetometer zur Untersuchung des Saturn-Magnetfeldes. Weitere drei jeweils zehn Meter lange Stabantennen, die Y-förmig in den Weltraum zeigen, dienen zur Erfassung des Saturn-Plasmafeldes.

Die herausragende optische Dominanz bildet jedoch die an der Spitze der Raumsonde befindliche schüsselförmige Hochleistungsantenne „High Gain Antenna“ (HGA) mit einem Durchmesser von 4 Metern. Ein Multi-Kommunikator zwischen Erde und Saturn. Von ihr hängt in vielfältiger Weise der Erfolg der gesamten Mission ab, denn sie sorgt nicht nur für die Übertragung der Daten von Cassini zur Erde. Beim Landevorgang der ESA-Raumsonde Huygens fungiert die HGA zugleich als Relaisstation. Des weiteren wird sie für Funk- und Radarexperimente eingesetzt. Und last but not least: Sie dient in verschiedenen Phasen des Fluges als Schutzschild. Zum einen als Hitzeschild, indem sie die Sonnenwärme von Cassini fern hält. Zum anderen als Schutzschirm vor Staub- und Eispartikeln beim Durchqueren des Saturn-Ringsystems. Dabei wird die Raumsonde so gedreht, dass die Hauptantenne einen optimalen Schutz vor den Partikeln bildet.

Modernste Hochtechnologie in Modulweise

Die Cassini-Sonde ist modulartig aufgebaut. Hauptelemente bilden eine Antriebseinheit, zwei Gerätemodule sowie die HGA-Antenne. Sie lassen kaum etwas von der Komplexität im Inneren spüren. Hier befinden sich 20 000 elektronische Steckverbindungen. Zwölf Kilometer Kabel sind verstaut worden, die die wissenschaftlichen Instrumente mit den Bordcomputern sowie den notwendigen elektronischen Komponenten verbinden.

Die Instrumente wiederum sind auf verschiedenen Paletten montiert, die an den beiden Gerätemodulen befestigt sind. Jedes der zwölf Forschungsinstrumente an Bord des Orbiters wird über einen eigenen Mikrocomputer gesteuert, der auch für die Aufbereitung der gewonnenen Daten sorgt. Ein Festkörper-Hochleistungsspeicher, also ein Speicher ohne bewegliche Elemente wie Bandspulen oder Magnetplatten, legt die gewonnenen Daten in Zwischenspeicher ab, bis wieder eine Verbindung zu den Bodenstationen auf der Erde aufgenommen werden kann. Die Technologie für Festkörper-Datenspeicher mit sehr großen Datenmengen war 1997, beim Start von Cassini, absolutes technologisches Neuland. Mit ihrem erstmaligen Einsatz eines derartigen Recorders in der Weltraumtechnik übernahm die Raumsonde damit eine Pionierrolle.

Dem Antriebsmodul kommt am Saturn eine entscheidende Bedeutung zu. Damit Cassini in eine Umlaufbahn um den Riesenplaneten einschwenken kann, musste die Raumsonde extrem abgebremst werden. Hierfür wurde eines der beiden identischen Haupttriebwerke, von denen jedes 445 Newton Schub liefert, 96 Minuten lang gezündet. Das andere Haupttriebwerk diente als Reserve. Es wäre sofort eingesprungen, wenn das erste Triebwerk aus irgendeinem Grund versagt hätte, denn dieses Abbremsmanöver duldet keinen Aufschub.
Als Treibstoff dient Monomethylhydrazin, Oxidator ist Stickstofftetroxid. Hierbei handelt es sich um über lange Zeiträume lagerfähige Stoffe, die hypergol reagieren. Sie entzünden sich also beim Zusammentreffen selbsttätig.

Im Antriebsmodul sind auch noch 16 Kleintriebwerke mit jeweils 0,5 Newton Schub untergebracht. Sie dienen der exakten Lageregelung der Raumsonde. Auch ihnen kommt in mehrfacher Hinsicht große Bedeutung zu. Da die HGA-Antenne nicht schwenkbar ist, muss stets die gesamte Raumsonde zur Verbindungsaufnahme mit der Erde ausgerichtet werden. Das erfolgt sowohl über große Schwungräder als auch über diese Kleintriebwerke.

Die Arbeit der Forschungsnutzlasten erfordert jedoch ebenso eine wechselnde Positionierung auf Zielobjekte im Saturn-System, so dass es verschiedene Arbeitsmodi gibt. Eine kontinuierliche Verbindung zur Erde besteht deshalb nicht.
Zur Gewährleistung der eigenständigen Arbeit verfügt die dreiachsenstabilisierte Raumsonde mit den Inertial Reference Units über neuartige Gyroskope (Kreiselsysteme), die im Zusammenspiel mit Stern- und Sonnensensoren ständig die genaue Lage im Weltraum liefern.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Triebwerke während der mehrjährigen Flugzeit von Mikrometeoriten beschädigt werden könnten, wird von den Wissenschaftlern als hoch eingeschätzt. Aus diesem Grund schufen die Raumfahrtingenieure einen ausklappbaren Schutzschild, dass die beiden Haupttriebwerke ständig schützt und nur bei deren Arbeit kurzzeitig weggeklappt wird.

Energieversorgung mit Plutonium gesichert

Cassini/Huygens führt insgesamt 32,7 Kilogramm nicht spaltbares Plutonium 238 mit, das der Energie- und Wärmeversorgung des Orbiters dient. Es ist in eine keramische, hochtemperaturfeste, zudem noch großenteils solide ummantelte Matrix eingebettet und damit selbst bei höchsten Belastungen sicher untergebracht.

Aufgrund des enormen Energiebedarfs der zahlreichen Geräte und der großen Entfernung zur Sonne wäre eine Stromversorgung über Solarzellen nicht realisierbar gewesen. Deshalb sichern drei Radioisotopengeneratoren die notwendige Energieversorgung. Sie entspricht einer elektrischen Leistung von 750 Watt. Die Energie wird aus jener Wärme gewonnen, die beim radioaktiven Zerfall der Plutoniumdioxid-Isotopen entsteht.

Außer diesen drei Kraftpaketen sorgen 82 kleine Wärmequellen in der Nähe sensibler Systeme dafür, dass die elektronischen Systeme an Bord nicht einfrieren und korrekt arbeiten. Sie werden ebenfalls mit dem Plutoniumisotop betrieben, produzieren aber jeweils nur etwa ein Watt Wärme. Auch an Bord der Huygens-Sonde werden 35 gleichartige Wärmequellen eingesetzt.

An Energie-Alternativen für interplanetare Missionen wird seit geraumer Zeit intensiv gearbeitet. So sind Hochleistungs-Siliziumzellen, die auch bei geringer Sonneneinstrahlung und tiefsten Temperaturen im Weltall eingesetzt werden können, für die Rosetta-Kometenmission der ESA entwickelt worden. Doch derartige leistungsfähige Solarzellen standen zum Zeitpunkt des Cassini/Huygens-Starts noch nicht zur Verfügung und könnten bei dem hohen Energiebedarf von Cassini diesen auch heute nicht decken.

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