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Space Safety

N° 23–2014: Kometensonde Rosetta am Ziel

6 August 2014

Nach ihrer zehnjährigen Kometenjagd durch den Weltraum ist es der ESA-Sonde Rosetta heute als erstes Raumfahrzeug überhaupt gelungen, sich einem Kometen zu nähern. Dieses historische Ereignis läutet ein neues Zeitalter in der Exploration des Sonnensystems ein.

Der Komet 67P/Tschurjumow-Gerassimenko und Rosetta befinden sich derzeit in einer Entfernung von 405 Millionen km von der Erde, etwa auf halbem Weg zwischen den Umlaufbahnen des Jupiter und des Mars. Sie rasen mit einer Geschwindigkeit von nahezu 55 000 km/h auf das Innere des Sonnensystems zu.

Der Komet beschreibt einen elliptischen Orbit mit einer Umlaufzeit von 6,5 Jahren. An seinem sonnenfernsten Punkt geht er bis über Jupiter hinaus, an seinem sonnennächsten kehrt er zwischen die Umlaufbahnen von Mars und Erde zurück. Rosetta wird ihn über ein Jahr lang auf seinem Vorbeiflug um die Sonne und jenseits des Jupiter begleiten.

Kometen werden als die ursprünglichen Bausteine des Sonnensystems betrachtet und haben wahrscheinlich dazu beigetragen, die Erde mit Wasser und vielleicht sogar den Grundbausteinen des Lebens zu versorgen. Diese rätselhaften Himmelskörper werfen jedoch noch viele grundlegende Fragen auf. Dank der umfassenden, am Objekt vorzunehmenden Studie des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko soll Rosetta diese Geheimnisse lüften.

Die Reise zu ihrem Zielkometen war für Rosetta alles andere als ein „Direktflug“. Seit ihrem Start im Jahr 2004 ist die Sonde dreimal an der Erde und einmal am Mars vorbeigeflogen, um sich den nötigen Schwung für ihre Kometenbegegnung zu holen.

Diese komplexe Flugroute hat Rosetta außerdem an den Asteroiden Steins und Lutetia vorbeigeführt und ihr gestattet, bislang einzigartige Aufnahmen und wissenschaftliche Daten von diesen beiden Objekten zu übermitteln.

„Nach einer Reise von zehn Jahren, fünf Monaten und vier Tagen, die uns fünf Mal um die Sonne geführt hat und auf der wir 6,4 Milliarden km zurückgelegt haben, freue ich mich endlich feststellen zu dürfen: „Wir sind da!“, so Jean-Jacques Dordain, Generaldirektor der ESA.

„Europas Sonde Rosetta ist nunmehr das erste Raumfahrzeug der Geschichte, das sich einem Kometen annähert – ein Ereignis, das einen Höhepunkt bei der Erforschung der Ursprünge des Lebens markiert. Uns stehen völlig neue Entdeckungen bevor.“

Heute absolvierte Rosetta das letzte von zehn im Mai begonnenen Annäherungsmanövern, bei denen Geschwindigkeit und Flugbahn der Sonde allmählich denen des Kometen angepasst wurden. Wäre eines dieser Manöver fehlgeschlagen, wäre die Mission gescheitert und Rosetta an dem Kometen einfach vorbeigeflogen.

„Der heutige Erfolg ist das Ergebnis eines gewaltigen internationalen Unterfangens, das sich über mehrere Jahrzehnte erstreckt hat“, erklärt Alvaro Giménez, ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration.

„Wir haben einen unwahrscheinlich weiten Weg zurückgelegt, seit das Missionskonzept in den späten 70er Jahren zum ersten Mal erörtert und dann 1993 genehmigt wurde. Jetzt endlich ist es soweit, dass wir diese Schatzkiste an wissenschaftlichen Erkenntnissen öffnen können, die dazu führen werden, dass die Lehrbücher über Kometen noch die nächsten Jahrzehnte neu verfasst werden müssen.“

Schon während des Anflugs von Rosetta begann der Komet, nach und nach seine Persönlichkeit zu enthüllen. Von der OSIRIS-Kamera zwischen Ende April und Anfang Juni aufgenommene Bilder zeigten, dass seine Aktivität schwankte. Die Kometenkoma– eine ausgedehnte Hülle aus Gas und Staub – wurde im Laufe dieser sechswöchigen Beobachtung zunächst rasch heller und erstarb dann wieder.

Zur gleichen Zeit durch das Mikrowelleninstrument des Rosetta-Orbiters, MIRO, vorgenommene erste Messungen deuteten darauf hin, dass der Komet rund 300 ml Wasserdampf pro Sekunde an den Weltraum abgibt.

Inzwischen hat VIRTIS, das Abbildungsspektrometer für den UV-, sichtbaren und nahen Infrarotbereich, als Durchschnittstemperatur des Kometen -70 °C gemessen, was darauf schließen lässt, dass seine Oberfläche zu großen Teilen dunkel und staubig, und nicht etwa vollständig mit blankem Eis bedeckt ist, wie zunächst angenommen.

Aus einer Entfernung von rund 12 000 km aufgenommene spektakuläre Bilder zeigten, dass der Kometenkern aus zwei durch ein Art „Nacken“ verbundenen Teilen besteht, was ihm ein entenähnliches Aussehen verleiht. Nachfolgende Aufnahmen enthüllten weitere Details. Das Bild mit der bislang höchsten Auflösung wurde heute Morgen zur Erde gefunkt und soll am Nachmittag zur Verfügung gestellt werden.

„Die ersten deutlichen Ansichten des Kometen haben eine Menge Fragen aufgeworfen“, kommentiert Matt Taylor, Projektwissenschaftler der ESA.

„Sind hier ursprünglich zwei Kometen irgendwann in der Geschichte des Sonnensystems zusammengewachsen, oder handelt es sich bei dieser zweilappigen Struktur um einen einzigen Kometen, den die Zeit einer dramatischen und asymmetrischen Erosion unterworfen hat? Rosetta ist da im wahrsten Sinne des Wortes am besten platziert, um dieses einzigartige Gebilde zu untersuchen.“

Inzwischen ist Rosetta nur noch 100 km von der Oberfläche des Kometen entfernt, wird sich ihm in den nächsten sechs Wochen aber über zwei Dreiecksbahnen, zunächst in 100 km und dann in 50 km Entfernung, weiter annähern.

Andere auf der Sonde mitgeführte Instrumente werden detaillierte wissenschaftliche Untersuchungen des Kometen vornehmen und auf seiner Oberfläche einen geeigneten Landeplatz für das Landegerät Philae ausmachen.

Schließlich wird Rosetta versuchen, auf einen nahezu kreisförmigen Orbit in nur 30 km Entfernung zu gelangen, bzw. sich sogar, wenn die Kometenaktivität dies gestattet, noch mehr anzunähern.

„Die Ankunft beim Kometen ist eigentlich erst der Anfang eines noch viel größeren Abenteuers, bei dem mit jedem Schritt neue Herausforderungen auf uns zukommen werden, wenn es daran geht, uns in dieser bislang nicht kartografierten Umgebung zurechtzufinden, auf eine Umlaufbahn um den Kometen einzuschwenken und schließlich auf seiner Oberfläche zu landen“, erklärt der Rosetta-Flugbetriebsleiter der ESA, Sylvain Lodiot.

Bis Ende August sollen fünf mögliche Landeplätze ermittelt und Mitte September dann die bevorzugte Stelle ausgewählt werden. Der genaue Zeitpunkt für das Absetzen von Philae, das gegenwärtig für den 11. November geplant ist, soll bis Mitte Oktober bestätigt werden.

„Neben der Charakterisierung des Kometenkerns und der Festlegung der Ziele für die anschließende Missionsphase werden wir uns in den nächsten Monaten auf eine weitere Premiere in der Geschichte der Raumfahrt vorbereiten – die Landung auf einem Kometen“, freut sich Matt.

„Nach der Landung wird Rosetta den Kometen, der im August 2015 seine sonnennächste Position erreichen wird, weiter begleiten und ihn aus allernächster Nähe beobachten, um uns einzigartige Einblicke zu liefern und uns zeitnah daran teilnehmen zu lassen, wie sich ein um die Sonne rasender Komet verhält.“

Hinweise für die Redaktionen:

Am 20. Januar 2014, um 18.18 Uhr GMT / 19.18 Uhr MEZ „erwachte“ Rosetta, 9 Millionen km vom Kometen 67P/Tschurjumow-Gerassimenko entfernt, aus ihrem Winterschlaf. Daraufhin wurden zunächst die elf wissenschaftlichen Instrumente des Orbiters und die zehn Instrumente des Landegeräts wieder eingeschaltet und auf ihren wissenschaftlichen Betrieb vorbereitet. Zwischen dem 7. Mai und dem 6. August wurden zehn Korrekturmanöver durchgeführt, um die Geschwindigkeit der Sonde von 775 m/s auf 1 m/s (Schritttempo des Menschen) zu drosseln und damit der des Kometen anzupassen. Jedes dieser Manöver war von kritischer Bedeutung – wäre ein einziges misslungen, hätte dies das Scheitern der Mission bedeutet. Genauere Informationen zu diesen Manövern finden Sie auf dem Rosetta-Blog: http://blogs.esa.int/rosetta/

Die aktuellste Aufnahme der „Ankunft“ von Rosetta wird heute im wissenschaftlichen Teil der Veranstaltung „Rosettas Kometen-Rendezvous“ im Raumflugkontrollzentrum der ESA, dem ESOC in Darmstadt, vorgestellt und parallel online auf dem ESA-Portal veröffentlicht.

Über die ESA

Die Europäische Weltraumorganisation (ESA), Europas Tor zum Weltraum, ist eine 1975 gegründete zwischenstaatliche Organisation, deren Aufgabe darin besteht, europäische Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Investitionen in die Raumfahrt den Bürgern in Europa und anderswo zugutekommen.

Die ESA hat 20 Mitgliedstaaten: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Spanien, die Tschechische Republik und das Vereinigte Königreich. Davon sind 18 auch Mitgliedstaaten der EU.

Im Rahmen von Kooperationsabkommen unterhält die ESA Beziehungen zu acht anderen EU-Mitgliedstaaten. Auch Kanada nimmt im Rahmen eines Kooperationsabkommens an bestimmten ESA-Programmen teil.

Darüber hinaus arbeitet die ESA mit der EU zusammen, um die Programme Galileo und Copernicus zu verwirklichen.

Dank der Koordinierung der Finanzressourcen und Kompetenzen ihrer Mitgliedstaaten kann die ESA Programme und Tätigkeiten durchführen, die weit über die Möglichkeiten eines einzelnen europäischen Landes hinausgehen.

Die ESA entwickelt Raumfahrzeugträger, Satelliten und Bodenanlagen, um sicherzustellen, dass Europa bei Raumfahrtvorhaben weltweit an der Spitze bleibt.

Sie startet Erdbeobachtungs-, Navigations-, Telekommunikations- und Astronomiesatelliten, schickt Raumsonden in entlegene Regionen des Sonnensystems und beteiligt sich an der bemannten Exploration des Weltraums.

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