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Explodierende Satelliten oder Oberstufen erzeugen viel Weltraummüll
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Was ist Weltraummüll?

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ESA / Space in Member States / Germany

Weltraummüll gibt es bereits seit dem Beginn des Raumfahrtzeitalters. Schon Sputnik 1 hat ersten Abfall hinterlassen, wenn auch nur für relativ kurze Zeit. Dazu gehörte als größtes Teil die zweite Stufe der Trägerrakete, die allerdings bald in der Erdatmosphäre verglühte. Und so hinterlässt jeder Start eines Raumflugkörpers „kosmischen“ Müll: die Oberstufen, Verbindungselemente und manchmal abgeplatzte Oberflächenbeschichtungen wie Lackteile oder Isolierstücke.
Aber kein Satellit arbeitet unbegrenzte Zeit. Deshalb haben sich ausgediente und funktionsuntüchtige Satelliten angehäuft, die meist nicht mehr steuerbar sind und nun als Schrott die Erde umkreisen.

Dazu kommen weitere Verursacher von Müll. So emittieren Feststoffantriebe, die Satelliten auf ihre Umlaufbahn befördern oder dem kontrollierten Wiedereintritt von Fotoaufklärungssatelliten und deren Filmkapseln dienen, kleinste Teilchen Aluminiumpulver. Das Pulver ist ein Treibstoffzusatz, der den Schub vergrößert. Oft backen diese Staubteilchen zu Schlackestücken zusammen, die bis zu einigen Zentimetern groß werden können.
Eine weitere Quelle von Raumfahrtrückständen bilden Tropfen aus einer Natrium-Kalium-Legierung, die russische militärische Ozeanüberwachungssatelliten in den achtziger Jahren freisetzten. Die Legierung diente als Kühlmittel für ihre Kernreaktoren. Zum Ende ihrer Mission stießen sie ihren Reaktorkern ab, nachdem sie auf etwa 950 Kilometer hohe „Friedhofs“-Bahnen angehoben wurden. Dabei wurde Kühlmittel freigesetzt, das sich zu metallischen Kugeln von bis zu fünf Zentimetern Durchmesser formen kann.

Das größte Problem sind jedoch meist kleine Fragmente, die von Oberstufen- und Satelliten-Explosionen oder von Antisatellitenwaffen-Tests, herrühren. Deren Umlaufbahnen differieren stark. So brachte der chinesische Test einer Antisatellitenwaffe am 10. Februar 2007, bei dem ein ausgedienter chinesischer Satellit zerstört wurde, mehr als 3300 katalogisierte Fragmente hervor, die größer als zehn Zentimeter sind. Die entstandene Anzahl noch kleinerer Teilchen ist wesentlich größer und kann nur geschätzt werden.

Eher ins Reich der Kuriositäten gehören einige wenige Werkzeuge, die Astronauten bei Weltraumausstiegen verloren haben. Solche herumvagabundierenden Geräte könnten allerdings der Raumstation ISS gefährlich werden, wenn ihre Umlaufbahn sich so verändert, dass sie sich mit hoher Geschwindigkeit der Station nähern.

Der „Müllberg“ wird größer

Simulation einer Explosion im geostationären Orbit (Verteilung der Fragmente nach zwei Tagen)
Simulation einer Explosion im geostationären Orbit (Verteilung der Fragmente nach zwei Tagen)

Am Stichtag 03. April 2013 waren 3.588 Satelliten oder Raumflugkörper sowie 13.061 weitere Objekte beim US Space Surveillance Network (siehe Beitrag „Erfassung und Vorhersage“) detailliert erfasst. Mit mathematischen Modellen haben die Wissenschaftler weiter ermittelt, dass sich etwa 29.000 Objekte, die größer als zehn Zentimeter sind, im Orbit befinden. Dazu kommen etwa 670.000 Teile, die größer als ein Zentimeter und 170 Millionen Teilchen, die größer als ein Millimeter sind. Die Gesamtmasse aller Objekte in Erdbahnen liegt bei weit über 6.300 Tonnen.

Vor allem bei den kleineren Teilen gibt es in Anzahl und Masse ständig Veränderungen, denn ein großer Teil des Mülls verglüht im Lauf der Jahre immer wieder in der Erdatmosphäre, da sich die Raumfahrtaktivitäten überwiegend in Erdnähe auf Orbits unterhalb von 1.000 Kilometern abspielen. In diesem Bereich werden sowohl Raumflugkörper als auch Schrott durch die vorhandene Restatmosphäre abgebremst und in der Endphase ihres Lebens in den dichteren Schichten durch Reibung mit den Atmosphärenteilchen erhitzt bis sie verglühen. Das kann auf niedrigen Bahnen bereits nach wenigen Tagen geschehen, aber auch Monate oder Jahre dauern. Gleichzeitig kommen ständig neue Fragmente hinzu.

Doch mit der Zunahme von Satelliten, die sich auf hohen Umlaufbahnen zwischen 1.000 und 20.000 Kilometern oder auf der geostationären Bahn in 36.000 Kilometern Höhe befinden, steigt inzwischen die Anzahl langlebiger Fragmente, die Jahrzehnte oder noch länger unseren Heimatplaneten umkreisen werden.

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