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Science & Exploration

N° 36–2008: ATV-Raumtransporter der ESA erfolgreich von der ISS abgekoppelt

5 September 2008

Das auf den Namen „Jules Verne“ getaufte ATV, das erste von Europa entwickelte automatische Transferfahrzeug, wurde heute nach einer sechsmonatigen, perfekt verlaufenen Mission um 23.29 Uhr von der Internationalen Raumstation (ISS) abgekoppelt und wird nun die letzte Etappe seiner Reise zurücklegen, an deren Ende am 29. September sein kontrolliertes Verglühen beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre stehen wird.

 

Im Anschluss an die Vorbereitungsmaßnahmen für die automatische Abkopplung des ATV wurden die Luken zwischen der ISS und dem ATV von der ISS-Mannschaft am 4. September dicht gemacht. Nachdem sämtliche vor der Abkopplung erforderlichen Schritte durchgeführt waren, wurde der Andockstutzen des ATV ausgerastet, so dass der unbemannte europäische Frachttransporter von der Raumstation ablegen und sich über einen Federungsmechanismus langsam von ihr entfernen konnte. Nach einem einminütigen ballistischen Flug zündete das ATV in einem Abstand von drei Metern zur Raumstation kleine Lageregelungstriebwerke, die den notwendigen Schub zur Entfernung von der ISS lieferten. 22 Minuten später erreichte es dann, genau unterhalb der ISS fliegend, eine Distanz von etwa 5 km, wonach seine automatischen Notfallsysteme ausgeschaltet wurden, die ein – allerdings sehr unwahrscheinliches – Ausweichmanöver zur Vermeidung eines Zusammenstoßes mit der ISS einleiten können.

Nach dieser Abkopplungs- und Entfernungsphase durchläuft das ATV nun mehrere Flugetappen, die sich über gut 23 Tage erstrecken werden. Dazu gehören Steuerungsmanöver zur Absenkung seiner Umlaufbahn, damit das ATV, etwas tiefer positioniert, der ISS hinterher fliegen kann. Die Dauer dieser Manöver erklärt sich aus der Notwendigkeit des sparsamen Umgangs mit Treibstoff, damit das ATV auf die anvisierte Wiedereintrittsposition über einem menschenleeren Gebiet im Südpazifik gesteuert werden kann, von der aus es nicht nur von der ISS, sondern auch von zwei besonders ausgerüsteten Überwachungsflugzeugen beobachtet werden kann, die im Wiedereintrittsbereich Patrouille fliegen werden.

Der mit dem Start am 9. März eingeleitete Jungfernflug des ATV verlief außerordentlich erfolgreich: eine reibungslose orbitale Testphase vor dem Andocken, Auslieferung der notwendigen Fracht für die Raumstation, Durchführung von vier Manövern zur Bahnanhebung der ISS, um deren durch die Restatmosphäre verursachtes Absinken auszugleichen, außerdem am 27. August ein Ausweichmanöver, nachdem Weltraummüll (Überreste eines ausgedienten Satelliten) in die Nähe der Raumstation geraten war, sowie abschließend das Beladen mit nicht mehr benötigtem Raumstationsgerät und Abfällen. Das ATV hat also nicht nur seine Schlüsselfähigkeiten, sondern auch noch einige Extras unter Beweis stellen können.

„Das ATV hat seine zentralen Missionsetappen außerordentlich souverän gemeistert, in der europäischen Raumfahrttechnologie neue Maßstäbe gesetzt und den Aufbau wertvoller Kompetenzen in der europäischen Industrie ermöglicht“, erklärte Simonetta Di Pippo, ESA-Direktorin für bemannte Raumfahrt. „Insgesamt also positive Vorzeichen, und zwar nicht nur für kommende ATV-Missionen zur Internationalen Raumstation, sondern auch für die Weiterentwicklung dieser Technologie im Hinblick auf unabhängige Kapazitäten für den Frachtrücktransport und einen eigenständigen Zugang zum Weltraum für Europas Astronauten.“

Im ATV-Kontrollzentrum bei der französischen Raumfahrtagentur CNES in Toulouse ging es in den vergangenen Tagen sehr geschäftig zu: Das gemeinsame Team aus ESA- und CNES-Bediensteten musste Kommunikationsverbindungen zum Raumtransporter testen, die Systemparameter des ATV aktualisieren und das Profil der Umlaufbahn festlegen, in die das ATV bei seinem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre eingebracht werden soll. Das Kontrollzentrum war im Vorlauf der Abkopplung auch für die Aktivierung aller notwendigen Haupt- und Ersatzsysteme des ATV und den eigentlichen Abkopplungsbefehl zuständig.

„Obwohl wir im ATV-Kontrollzentrum alle Hände voll zu tun hatten, hätte die Mission nicht besser verlaufen können“, äußerte sich Hervé Côme, leitender Missionsdirektor der ESA für das ATV „Jules Verne“. „Bis jetzt haben alle Systeme während der gesamten Mission erstaunlich gut gearbeitet, so dass wir den Betrieb um einen Monat verlängern konnten. Ich möchte daher allen Mitarbeitern im ATV-Kontrollzentrum und allen am Erfolg dieser Mission Beteiligten meinen Dank aussprechen. Und in gut drei Wochen können wir uns dann bereits auf die Mission ATV-2 im Jahr 2010 freuen.“

Die Tage vor der Abkopplung war die ISS-Mannschaft mit letzten Vorbereitungen beschäftigt, wie dem Transport von an Bord weiterhin benötigtem Gerät vom ATV in die Raumstation, dem Auffüllen des ATV-Ladebereichs mit Stationsmüll und der Aktivierung und Erprobung der für die letzte Missionsetappe erforderlichen Kommunikationsverbindungen zwischen der ISS und dem ATV. Nun steht für die Mannschaft die Vorbereitung der Ankunft des nächsten Logistikfahrzeugs an: des russischen Progress-Transporters 30P am 12. September.

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