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Gespannte Erwartung auf die Antworten von Thomas Reiter
Science & Exploration

Highlights von Thomas Reiter als Gast im Chatroom

29/11/2006 552 views 0 likes
ESA / Science & Exploration / Human and Robotic Exploration / Astrolab German

Beim weltweit ersten Video-Chat ins All hatten gestern Abend erstmals alle Weltraumfans die Gelegenheit, mit dem ESA-Astronauten Thomas Reiter an Bord der ISS zu sprechen. Aus erster Hand erhielten die User Informationen zur aktuellen Mission und erfuhren, wie Reiter und seine Kollegen in der Schwerelosigkeit leben und arbeiten.

Im rund 15-minütigen Video-Chat, den die ESA zusammen mit T-Online präsentierte, sprach Reiter über seine Erlebnisse und Forschungsarbeiten an Bord der ISS, schilderte jedoch auch die „Unannehmlichkeiten“, die man als Astronaut in Kauf nehmen muss.

„Duschen können wir hier nicht“

So herrsche zum Beispiel ein sehr hoher Geräuschpegel an Bord der ISS. „Die rund 80 Ventilatoren und vier Umwälzpumpen erzeugen einen Lärm, der vergleichbar ist mit Straßenlärm.“ Dies sei vor allem tagsüber ein Problem, nachts könne er dennoch sehr gut schlafen – wenn auch mit Ohrenstöpseln. Das liegt wohl zum Teil auch am anstrengenden Tagesplan der Crew: Die vielen wissenschaftlichen Experimente in den Bereichen Medizin, Physik und Material-wissenschaften und die umfangreichen Wartungsmaßnahmen an Bord gehen ganz schön an die Substanz. Hinzu kommen die Sporteinheiten: zwei Mal am Tag Sport, jeweils für etwas mehr als eine Stunde. Da heißt es joggen auf dem Laufband, Fahrrad-Ergometer, Gewichte stemmen…das Programm ist ziemlich hart. „Und Duschen können wir hier leider nicht. Stattdessen machen wir Handtücher feucht und waschen uns damit. Wir hier mit dem Wasser sehr sparsam umgehen, denn wir haben nicht soviel davon.”

Melancholie im Weltall

So soll die ISS nach der Montage aussehen
So soll die ISS nach der Montage aussehen

Der deutsche ESA-Astronaut Thomas Reiter nimmt diese Strapazen jedoch gerne hin. „Solche beeindruckenden Momente wie zum Beispiel der Start, wenn ungefähr mit dem Zweieinhalbfachen des Körpergewichts in seinen Sitz gepresst wird oder das tolle Gefühl, wenn man aus 400 km Höhe ganz Europa und sogar seinen Heimatort sehen kann, werde ich nie vergessen, diese Begeisterung hält ein Leben lang.“ Und in Zeiten von Weltraumchats und Inflight calls ist es sogar möglich, regelmäßig über IP-Telefon mit der Familie und Freunden und Bekannten in Kontakt zu treten, einmal im Monat werde sogar eine Video-Konferenz gehalten.

„Steveobelix“, „FredvomJupiter“ oder „goldenerreiter“

Thomas Reiter beantwortet Fragen der Chat-User
Thomas Reiter beantwortet Fragen der Chat-User

Der Chatroom platzte fast aus alle Nähten. Tausende User waren zur Zeit des Chats parallel registriert und stellten fleißig ihre Fragen an Thomas Reiter. Sowohl bei der Formulierung der Fragen wie auch beim Erfinden von Nicknames waren der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Von Steveobelix, FredvomJupiter oder goldenerreiter bis zum Spacebernie. Im Weltall ist eben ALLes möglich. Aber auch die Nicht-Registrierten kamen auf ihre Kosten. Als um 21.27 Uhr Thomas Reiter auf dem Bildschirm der Video-Übertragung erschien, verfolgten mehrere Tausend User gespannt die Antworten des in Neu-Isenburg aufgewachsenen Astronauten.

Chat im Vorbeiflug

Die Fragen der Nutzer wurden während des „Inflight-Video-Calls“ von einem Moderator zur Raumstation direkt an Thomas Reiter gestellt. Dieser antwortete, während er in der ISS mit einer Geschwindigkeit von 28.000 Kilometern pro Stunde Russland überfliegt. Der Video-Chat wurde vom Europäischen Astronautenzentrum (ESA/EAC) in Köln aus organisiert. Hartmut Ripken, Leiter der Raumstationsnutzung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), erläuterte von dort aus auch einige deutsche Beiträge zur gesamteuropäischen Astrolab-Mission. Vor und nach der Live-Schaltung stand dort der deutsche ESA-Astronaut Reinhold Ewald ins Weltall den Usern im Chat Rede und Antwort. Reinhold Ewald ist ebenfalls Mitglied des Europäischen Astronauten-Corps und betreut Thomas Reiter vom Boden als „Astrolab-Mission-Manager“. 1997 war Ewald Besatzungsmitglied der russischen Raumfahrtstation „Mir“.

Überirdischer Rekordhalter

Reiters Astrolab-Mission ist der erste Langzeitaufenthalt eines ESA-Astronauten auf der ISS. Das wissenschaftliche Programm umfasst europäische Experimente in Biologie, Materialwissenschaften und Astrophysik. Bei seiner Rückkehr Ende diesen Jahres wird er insgesamt mehr als 300 Tage im Weltraum verbracht haben. Neben den Experimenten, die europäische Wissenschaftler für die Mission entwickelt haben, soll Reiter unter anderem ISS-Wartungsmaßnahmen verrichten und führte am 3. August einen Außenbordeinsatz durch. Die so genannte Astrolab-Mission ermöglicht Europas Raumfahrt, wichtige Erkenntnisse im Bereich der bemannten Langzeitmissionen zu erlangen und die Andockung von Europas Columbus-Labor im Jahr 2007 vorzubereiten.

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