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Plume ejects from Dimorphos as DART impacts
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ESA nimmt Licht von der neuen Materialwolke von abgelenktem Asteroiden auf

26/09/2022 1095 views 1 likes
ESA / Space in Member States / Austria

In brief

Am 26. September wird die NASA ihr DART-Raumfahrzeug absichtlich in den 160 m breiten Asteroiden Dimorphos prallen lassen, um erstmals eine Ablenkung mittels eines „kinetischen Aufpralls“ zu testen. Sobald das Raumfahrzeug mit dem Asteroiden kollidiert, wird voraussichtlich eine Materialwolke ins All geschleudert, die uns viel über die Zusammensetzung des Gesteins und die übertragene Energie verraten wird. Die ESA wird einen wichtigen Beitrag zur bodengestützten Beobachtung der Materialwolke leisten, wenn sich die vom Koordinationszentrum für erdnahe Objekte der ESA beauftragten Teleskope anschicken, Zeuge der Geschichte zu werden.

In-depth

Astronom*innen haben in den letzten Jahren ein Paar durch Schwerkraft gebundene Asteroiden, die sich gemeinsam in einer Umlaufbahn um die Sonne befinden, intensiv beobachtet, um genaue Daten über ihre Umlaufbahn zu erhalten. Dimorphos ist der kleinere „Minimond“ des Paares, der den größeren, zentralen Asteroiden Didymos umkreist.

Didymos Asteroiden
Didymos Asteroiden

Wenn DART auf Dimorphos einschlägt, wird er voraussichtlich die Umlaufbahn des Asteroidenmondes um Didymos leicht verändern. Zur Berechnung, wie stark sich die Umlaufbahn des Mondes im Laufe der Zeit verändert, werden wir seine „Lichtkurve“ messen. Dazu beobachten wir das reflektierte Sonnenlicht mit den erdgebundenen Teleskopen und berechnen die Umlaufzeit des Doppelasteroidensystems. Auch die Satelliten in der Umlaufbahn, darunter die Weltraumteleskope Hubble und James Webb, werden sich an dem Vorhaben beteiligen.

Viele der an der Kampagne zur Beobachtung der Lichtkurve teilnehmenden erdgebundenen Teleskope werden aufgrund der Position von Didymos in Bezug auf die Erde zum Zeitpunkt des Einschlags keinen direkten Blick darauf haben. Das Koordinationszentrum für erdnahe Objekte der ESA wird den Himmel beim Einschlag von DART aufmerksam beobachten, und es wird erwartet, dass eine Materialwolke aus dem getroffenen Asteroiden geschleudert wird.

Die Untersuchung der ersten Augenblicke dieser Staubwolke wird zu unserem Verständnis des Einschlags von DART beitragen und Aufschluss darüber geben, wie viel Masse ausgeworfen wurde und wie stark der kolosseumgroße Weltraumfelsen getroffen wurde.

Was können wir erwarten?

Asteroidenkollision
Asteroidenkollision

Wir dürfen kein detailliertes Video der einzelnen Szenen des Einschlags erwarten. LICIACube wird die Gaswolke nur wenige Minuten nach dem Einschlag im Vorbeiflug, 55 km von der Oberfläche des Asteroiden entfernt, beobachten. Wir sollten mit Teleskopen am Boden einen Punkt am Himmel sehen, der plötzlich an Helligkeit zunehmen sollte.

Je mehr „Ejekta“ ausgestoßen wird, desto mehr Material kann das Sonnenlicht reflektieren und desto heller wird das Didymos-System am Himmel erscheinen.

Die zu erwartenden Bilder eines Flecks inmitten der Sterne sind das tägliche Brot der astronomischen Forschung – sie dürften eine Menge offenbaren.

„Je mehr Material vom Asteroiden ausgestoßen wird, desto stärker wird seine Helligkeit am Himmel zunehmen“, erklärt Dora Föhring, Astronomin im Koordinationszentrum für erdnahe Objekte der ESA.

„Es ist das erste Mal, dass so etwas getestet wurde. Daher lässt sich nur schwer vorhersagen, wie viel Material durch den Einschlag freigesetzt werden wird. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die Helligkeit um etwa eine Größenordnung zunehmen wird. In den extremsten Szenarien könnten es sogar vier Größenordnungen sein.“

DART prallt auf dem Asteroidenmond Dimorphos auf, gesehen vom Zentralasteroiden Didymos
DART prallt auf dem Asteroidenmond Dimorphos auf, gesehen vom Zentralasteroiden Didymos

Der zeitkritische Augenblick, in dem die Materialwolke entsteht, wird voraussichtlich ziemlich plötzlich eintreten, wenn sich der Asteroid direkt über den verfügbaren Teleskopen der ESA befindet. Dadurch werden die Beobachtungen noch komplexer. Da die Astronom*innen nicht wissen, wie stark die Helligkeit des Asteroiden zunehmen wird, lassen sich ihre Instrumente nur schwer kalibrieren.

„Die Modelle sagen voraus, dass das ganze Ereignis innerhalb von zwei Minuten stattfinden wird. Es ist wichtig, dass wir es festhalten, denn die Merkmale des Augenblicks des Einschlags werden uns Informationen über den kinetischen Aufprall als Ganzes geben“, erklärt Dora.

„Wir wollen ein derart zeitkritisches Ereignis mit einem klaren Plan angehen und sicherstellen, dass alle unsere Systeme sorgfältig getestet und kalibriert wurden und einsatzbereit sind. Allerdings kann es in den Stunden vor dem Aufprall je nach den örtlichen Wetterbedingungen immer wieder zu Anpassungen kommen. Es wird eine spannende Herausforderung sein!“

Was ein von Menschenhand geschaffener „Komet“ offenbart

Die Materialwolke von Dimorphos wird den Minimond des Asteroiden in eine Art von Menschenhand geschaffenen Kometen verwandeln. Sein vorübergehender Schweif wird sich erst nach Wochen oder Monaten auflösen und uns einen Blick in sein Inneres erlauben, um seine Zusammensetzung und – was für die Planetenverteidigung wichtig ist – wie dicht oder locker er gepackt ist, zu verstehen.

Dimorphos Asteroid Skala mit dem Kolosseum von Rom
Dimorphos Asteroid Skala mit dem Kolosseum von Rom

„Ein 160 m großer Asteroid, der aus locker gepackten, „flockigen“ Materieklumpen besteht, hätte eine viel geringere Masse als ein verdichteter, dichter Felsen derselben Größe“, erklärt Marco Micheli, Astronom beim NEOCC der ESA.

„Dieser erste Asteroid würde bei einem Einschlag auf der Erde weniger Schaden anrichten, da ein größerer Teil von ihm in unserer Atmosphäre zerbrechen und verglühen würde. Der zweite Asteroid, 160 m dichtes Gestein oder Metall, würde viel, viel mehr Energie freisetzen.“

Wir müssen nicht nur Einschläge auf der Erde und ihre Folgen modellieren, sondern auch die Zusammensetzung eines Asteroiden kennen, falls wir ihn jemals wirklich treffen müssen. Warum? Es geht um die Beibehaltung des Impulses. Der kinematische Aufprall von DART sorgt nur für eine geringe Veränderung des Impulses. Wenn jedoch dadurch eine große Menge an Masse ausgehoben und mit großer Geschwindigkeit in die entgegengesetzte Richtung gestoßen wird, verleiht dies Dimorphos einen zusätzlichen Impuls in die entgegengesetzte Richtung.

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The incredible adventures of the Hera mission – Creating a crater
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„Die Unsicherheit in unseren Prognosen zeigt genau, warum die DART-Mission so wichtig ist und warum die Nachfolgemission Hera der ESA ein so spannender europäischer Beitrag zu diesem ersten Test der Planetenverteidigung ist“, erklärt Ian Carnelli, Leiter der Hera-Mission.

„Hera und ihre beiden CubeSats werden zu Dimorphos reisen, um den von DART gebildeten Krater, seine innere Struktur und Zusammensetzung zu untersuchen und die höchst präzisen Messungen der Masse des Asteroiden zu erhalten. Gleichzeitig werden autonome Aktivitäten in der Schwerelosigkeit im Weltraum getestet, die für Aufklärungsmissionen zu einem gefährlichen Asteroiden, der eines Tages tatsächlich entdeckt wird, unerlässlich sind.“

Die Sonne geht nie über dem NEOCC auf

Der Bereich innerhalb der roten Linien zeigt die Beobachtbarkeit von Dimorphos vom Boden aus zum Zeitpunkt des Einschlags
Der Bereich innerhalb der roten Linien zeigt die Beobachtbarkeit von Dimorphos vom Boden aus zum Zeitpunkt des Einschlags

Durch die Position von Dimorphos am Himmel zum Zeitpunkt des Einschlags wird er nur von Teleskopen in der hier gezeigten roten Region zu sehen sein. Dazu gehören zwei, die vom Koordinationszentrum für erdnahe Objekte der ESA in Auftrag gegeben wurden: das 0,6-m-Teleskop Les Makes auf der Insel Réunion im Indischen Ozean und das 0,36-m-Teleskop Springbok in Namibia.

In Südafrika wird das normalerweise zur Verfolgung von Weltraummüll eingesetzte 0,5-Meter-Teleskop SMARTnet der ESA zur Verfügung stehen, ebenso wie das 0,4-Meter-Teleskop Watcher, das von einem irischen Team geleitet wird. In Katar leiht ein Team von fortgeschrittenen Hobbyastronom*innen der ESA und ihrem Netzwerk ebenfalls Zeit an ihrem Teleskop.

Die ESA hat Zugang zu einem globalen Netzwerk von Asteroidenbeobachtungsteleskopen
Die ESA hat Zugang zu einem globalen Netzwerk von Asteroidenbeobachtungsteleskopen

Das NEOCC der ESA hat im Laufe der Jahrzehnte ein Teleskopnetzwerk aufgebaut, das seinesgleichen sucht. Das Netzwerk besteht aus den eigenen Teleskopen der Organisation, den offiziell unter Vertrag genommenen Teleskopen und den Teleskopen, die der ESA durch informelle Ad-hoc-Vereinbarungen zur Verfügung stehen.

Da es immer irgendwo Nacht ist, kann das NEOCC so schnell auf Teleskope „im Dunkeln“ zugreifen, wenn ein potenziell riskantes Objekt beobachtet werden soll.

Folgen Sie @esaoperations auf Twitter für Live-Aktualisierungen der Abteilung für Planetenverteidigung der ESA und des Estrack-Bodenstationsnetzes, während wir die Zeit bis zum DART-Einschlag herunterzählen.

ESA’s vision for a safe future

Schutz von Weltraumressourcen
Schutz von Weltraumressourcen

Die Abteilung für Planetenverteidigung der ESA – vom zukünftigen Flyeye-Teleskop, das den Himmel nach neuen gefährlichen Felsen absuchen wird, bis hin zu den Experten, die das Risiko eines Einschlags auf der Erde verfolgen und berechnen, und der Hera-Mission, die den Test von DART zur Planetenverteidigung validiert – schützt unseren Planeten und das Leben darauf.

Erfahren Sie mehr über die Vision der ESA für die Weltraumsicherheit in den kommenden Jahren.

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