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Blickfang auf der MEDICA 2005: Der Reha-Anzug „Regent“
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Weltraummedizin: ESA intensiviert Zusammenarbeit mit Russland

21/11/2005 2152 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Die Europäische Weltraumorganisation stellte im Rahmen der weltgrößten Medizinmesse MEDICA 2005 in Düsseldorf modernste Methoden der Raumfahrtmedizin und ihre Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Humanmedizin vor. Mit dabei am ESA-Gemeinschaftsstand: Kompetenzpartner Russland.

Für viele Fachbesucher war der Messestand der ESA ein Highlight, das neugierig machte. „Die Leute sind immer wieder überrascht, wenn sie entdecken, dass alles, was wir in der Raumfahrt machen, zum Wohle der Menschen auf der Erde geschieht. Für uns war die MEDICA 2005 ein voller Erfolg“, so Frank M. Salzgeber, Leiter des Bereiches Commercial Development in der Commercialisation Division der ESA.

Mit dabei am Gemeinschaftsstand waren die Kompetenzpartner der ESA aus Frankreich (MEDES) und Deutschland (DLR, EMBLEM, ISS LAB RUHR GmbH). Mit dem Institut für Biomedizinische Probleme (IMBP) war zudem auch eine russische Einrichtung als neuer Kompetenzpartner der ESA vertreten. Das 1963 gegründete IMBP zählt mit seiner über 40-jährigen Expertise in Sachen Weltraummedizin zu den weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet. Und der neue Partner aus Russland konnte am Messestand der ESA mit einem echten Eyecatcher aufwarten: dem Reha-Anzug „Regent“.

Aus der Raumstation in die Reha-Klinik

Kosmonauten Strekalow und Deschurow im Belastungsanzug „Pinguin“ auf der MIR-Station
Kosmonauten Strekalow und Deschurow im Belastungsanzug „Pinguin“ auf der MIR-Station

Optisch präsentiert sich der Rehabilitationsanzug „Regent“ als eine blau in blau gehaltene Mischung aus Sportlerdress, Hot Pants und Klettergurtzeug. Dabei ist der vom IMBP entwickelte Anzug ein wirkungsvolles Instrument zur Behandlung motorischer Störungen, beispielsweise bei Epilepsie-, Parkinson- und Schlaganfallpatienten. Zudem ist er das Musterbeispiel eines gelungenen Spin-Offs aus der Weltraummedizin.
Ahnvater des Reha-Anzugs ist der russische Belastungsanzug „Pinguin“, den die Kosmonauten an Bord russischer Orbitalstationen seit Mitte der 70er Jahre tragen. Der Anzug beugt im All dem Muskel- und Knochenschwund vor. Eingearbeitet ist ein Geflecht aus elastischen Bändern, die die Streck- und Beugemuskulatur des menschlichen Körpers nachbilden. In der Schwerelosigkeit sorgt der Anzug so dafür, dass die Muskeln der Kosmonauten künstlich belastet werden, sobald sie sich bewegen.

Der Reha-Anzug „Regent“ nutzt dieses Prinzip zur Behandlung von Personen mit schweren neurologisch-motorischen Störungen und Haltungsschäden. Durch gezielte Belastung des Bewegungsapparates können diese Störungen und Schäden oft deutlich gemindert werden, so dass Patienten beispielsweise nicht mehr auf einen Rollstuhl angewiesen sind. Die verschiedenen Teile des Anzugs – Weste, Shorts, Knie- und Fußteile – sind durch variable Bänder miteinander „vertäut“. Diese sind gesondert justierbar. So lässt sich die Zugbelastung individuell auf die Bedürfnisse des Patienten einstellen.

Arbeitsgruppe ESA-IMPB gestartet

Kooperation ESA-Russland: Wiktor Baranow (IMBP) und Marc Heppener (ESA)
Kooperation ESA-Russland: Wiktor Baranow (IMBP) und Marc Heppener (ESA)

Bei den orbitalen Langzeitaufenthalten hat Russland weltweit die Nase vorn: Mehr als 30 Kosmonauten waren 180 Tage oder länger ohne Unterbrechung im All. Die biomedizinische Versorgung und Betreuung dieser Kosmonauten war und ist Aufgabe des IMBP, das in diesem Bereich ein enormes Wissen und Know-how angesammelt hat. Damit ist das IMBP für die ESA ein idealer Partner.
Um die Zusammenarbeit künftig besser zu organisieren, wurde im April 2005 eine spezielle ESA-IMPB-Arbeitsgruppe eingerichtet. Die Leitung der Arbeitsgruppe obliegt Marc Heppener, bei der ESA für die Abteilung „Nutzung der ISS und Förderung der Schwerelosigkeitsforschung“ verantwortlich, und dem IMBP-Direktor Anatoli Grigorijew.
„Es war an der Zeit, den ständigen Dialog zu institutionalisieren“, so Heppener. „Die Arbeitsgruppe ist äußerst produktiv. Es gibt viele und regelmäßige Arbeitstreffen zur Erörterung möglicher Kooperationsprojekte. Dies alles wird die Zusammenarbeit in Zukunft deutlich nach vorne bringen“. Ziele sind gemeinsame Projekte und Publikationen europäischer und russischer Wissenschaftler sowie eine enge Kooperation bei der Hardware-Entwicklung.

Gemeinsames Marsprojekt

„Das nächste groß angelegte Kooperationsprojekt von ESA und IMBP ist eine gemeinsame Mars-Isolationsstudie, die in den Anlagen des IMBP in Moskau stattfinden soll. Wir wollen, dass sich Europa dort umfassend beteiligt“, erklärt Heppener.
Das europäisch-russische Langzeitexperiment soll Ende 2006 starten und dient der Vorbereitung bemannter Missionen zum Roten Planeten. Von der Außenwelt völlig abgeschottet, sollen sechs handverlesene Versuchspersonen einen fiktiven 500-Tage-Trip durchs All absolvieren. ESA und IMBP wollen so medizinische und psychologische Auswirkungen einer solchen Mission erkunden und technische Lösungen erproben.
Das ehrgeizige ESA-Zukunftsprogramm Aurora sieht in den kommenden drei Jahrzehnten eine bemannte Marsmission vor. Es hat damit die Messlatte für die weltraummedizinische Forschung ziemlich hoch gehängt.

Weitere Informationen erteilen:

Frank M. Salzgeber
Head of Commercial Development, Commercialisation Division
Directorate of Human Spaceflight, Microgravity and Exploration
European Space Agency
Keplerlaan 1
NL – 2201 AZ Noordwijk
Tel.: + 31 71 565 3910
Fax: + 31 71 565 5232
issbusiness@esa.int

Dieter Isakeit
Head of Erasmus User Centre and Communication Office
Directorate of Human Spaceflight, Microgravity and Exploration
European Space Agency
Keplerlaan 1
NL – 2201 AZ Noordwijk
Tel: +31 71 565 5451
Fax: +31 71 565 8008
Dieter.Isakeit@esa.int

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