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Venus ihres Schleiers beraubt: Magellan-Radaraufnahme
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Interplanetarer "Striptease": Enthüllung einer Göttin

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ESA / Space in Member States / Germany

Wie manche irdische Frauen, so verhüllt auch die Venus ständig ihr wahres Angesicht. Sie ist von einer dichten und optisch undurchdringlichen Wolkenhülle umgeben, so dass über die Oberflächengestalt unserer Zwillingsschwester lange Zeit nichts bekannt war.
Bis in die 60er-Jahre vermutete man, dass unser Nachbarplanet Leben beherbergen könnte. Aufgrund der Sonnennähe ging man von tropischen Wäldern aus, in denen sich Dinosaurier tummeln würden. All diese Hoffnungen wurden jäh enttäuscht, als Radio- und Radarteleskope sowie Raumsonden die verschleierte Göttin Stück für Stück entblätterten.

Wie sieht die Venus des Jahres 2005 nach den letzten Erkenntnissen aus? Die Göttin hat sich als ein Planet der Hölle entpuppt. Auf der Venusoberfläche beträgt die mittlere Oberflächentemperatur 468 Grad Celsius. Eine Temperatur, bei der Metalle und Legierungen, wie Blei, Zink und Messing schmelzen würden. Neben der Gluthitze herrscht ein Druck von 93 bar, vergleichbar dem irdischen Druck in fast 1000 Meter Wassertiefe.

 

Erstes Bild von der Venus-Oberfläche von Wenera 9
Erstes Bild von der Venus-Oberfläche von Wenera 9

An diesen unwirtlichen Verhältnissen scheiterten die ersten sowjetischen Versuche, Landekapseln abzusetzen. Sie zerplatzten bereits in größeren Höhen. 1975 gelangen der sowjetischen Sonde Wenera 9 nach ihrer weichen Landung erstmals Panoramabilder von der Venusoberfläche zur Erde zu funken.
Der „direkte“ Blick gelang seit 1978 den Pioneer- und Wenera- Raumsonden mittels spezieller Radartechnik während des Überfluges. Die Bilder offenbaren eine sehr alte, nahezu unbeeinflusste Oberfläche. 1982 untersuchten die Sonden Wenera-13 und -14 zum ersten Mal die Zusammensetzung des Venusbodens. Was sie vorfanden war vulkanisches Gestein, das dem Basalt auf unserer Erde sehr ähnlich erschien.

Anfang der 90er-Jahre wurde durch die Radaraufnahmen der Magellan-Sonde klar, dass unser Nachbarplanet eine wesentlich andere Geologie hat. Anzeichen für eine großräumige Plattentektonik, wie wir sie von der Erde her kennen, waren nicht auszumachen.
Es gibt keine Kontinente. Die Venusoberfläche scheint aus einer in sich geschlossenen, schätzungsweise 50 bis 100 Kilometer mächtigen, steinharten Kruste zu bestehen. Nach den Messergebnissen von Magellan ist sie vermutlich vier- bis fünfhundert Millionen Jahre alt, mit Sicherheit jedoch jünger als eine Milliarde Jahre. Geologen vermuten, dass diese Kruste ein Stück Frühzeit der Erdgeschichte widerspiegelt.

Morphologisch ist die Krustenoberfläche gegliedert in riesige Ebenen (70 Prozent), Niederungen (20 Prozent) sowie Hochlandbereiche (10 Prozent).
Zu letzterem gehören zwei ausgedehnte Gebiete, die vom Ausmaß her mit irdischen Kontinenten vergleichbar sind: Ishtar Terra, so groß wie Australien, hat Hochebenen auf 2500 sowie auf 4000 Meter Höhe und verfügt über gewaltige Bergketten, von denen die höchsten die Maxwell Montes mit 11 800 Meter sind. Es ist übrigens das Einzige, das auf der Venus einen männlichen Namen trägt.
Die zweite Hochebene, vergleichbar mit Südamerika, ist Aphrodite Terra auf rund 8000 Meter Höhe. Hier befindet sich auch der Grand Canyon der Venus: Es ist Diana Chasma, ein 4000 Meter tief und 280 Kilometer breit eingeschnittenes riesiges Talsystem.

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