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Jenseits des Neptun

12/06/2014 1442 views
ESA / Space in Member States / Germany / Highlights

Bei der Erforschung des äußeren Sonnensystems spielten traditionell europäische Forscher eine starke Rolle: Der britisch-deutsche Astronom William Herschel entdeckte 1781 den Uranus. Die Abweichungen des neuen, siebten Planeten von seiner vorausberechneten Bahn ließen den Pariser Himmelsmechaniker Urbain Le Verrier einen störenden achten Wandelstern postulieren. Hilfe suchend schickte er 1846 seine Berechnungen an die Sternwarte in Berlin. Dort fand Johann Galle bereits in der ersten Nacht ein bläuliches Lichtfleckchen: den äußersten Planeten Neptun.

Die Entdeckungen gingen weiter: Mittlerweile kennt man rund 1400 kleine Objekte, die noch jenseits des Neptuns die Außengrenze des Sonnensystems markieren. Eine Gruppe von 132 hat nun ein Team von Max-Planck-Forschern um Pedro Lacerda und Miriam Rengel mit dem Weltraumteleskop Herschel der ESA untersucht. Solche Himmelskörper nennen Experten „Trans-Neptunian Objects“, oder kurz TNOs. Sie tragen Namen wie Haumea, Makemake oder Eris, der bekannteste ist zweifellos Pluto, der bis zum Jahr 2006 selbst als Planet galt, nun aber als „Zwergplanet“ geführt wird.

Weitab der wärmenden Sonne, zwischen 4,5 und 7,5 Milliarden Kilometern entfernt, ist es eiskalt - die Temperaturen auf den TNOs liegen typischerweise bei minus 230 Grad Celsius. Solch kalte Objekte können im langwelligen Spektralbereich beobachtet werden, und genau dafür war das Herschel-Teleskop ausgelegt. Während seiner Betriebsphase von 2009 bis 2013 hat es wiederholt die Infrarotstrahlung von TNOs aufgezeichnet.

Mit diesen Messungen kann man die Größe und die sogenannte Albedo dieser Objekte ermitteln - Eigenschaften, die ansonsten nur schwierig herauszufinden sind. Mit Albedo bezeichnen Experten den Bruchteil elektromagnetischer Strahlung, der von der Oberfläche eines Himmelskörpers reflektiert wird. Die Grafik zeigt die vom Herschel-Teleskop beobachteten Objekte. Sie sind nach ihren Eigenschaften geordnet. Besonders auffällig ist die Vielfalt der TNOs. Ihre Durchmesser rangieren von unter 50 bis fast 2400 Kilometer, wobei Pluto und Eris die beiden größten sind; Haumea (weiß) und Varuna (braun dargestellt) haben eine längliche Gestalt. Einige Exemplare werden sogar von Monden umkreist (hier nicht abgebildet). Die Albedo-Messungen lassen auf unterschiedliche chemische Zusammensetzungen der jeweiligen Oberflächen schließen: Geringe Albedo (braun) legt dunkles Material nahe, beispielsweise organische Substanzen. Weiß dargestellte TNOs dürften mit ihren hohen Albedo-Werten weitläufige Eisflächen auf ihren Oberflächen aufweisen.

Astronomen gehen davon aus, dass TNOs urtümliche Relikte des Zeitalters sind, als sich vor 4.5 Milliarden Jahren die großen Planeten bildeten. Beobachtungen wie diese ermöglichen ihnen, verschiedene Modelle zur Bildung und Entwicklung des Sonnensystems zu überprüfen.

  • Science & Exploration

    Herschel’s population of trans-Neptunian objects

    09/06/2014 24095 views 141 likes
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    Herschel’s population of trans-Neptunian objects