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A. Gerst beim Training im Sternenstädtchen in der Nähe Moskaus
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Par aspera ad astra: Auf rauen Wegen zu den Sternen

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ESA / Space in Member States / Germany

Nur noch wenige Tage trennen Alexander Gerst vor der Erfüllung seines großen Kindheitstraums. Schon als Sechsjähriger stand für ihn fest: „Ich werde Astronaut.“

Später entschied er sich dann aber für die Geowissenschaften. Die Chancen, jemals im Weltraum arbeiten zu können, schienen ihm verschwindend gering zu sein. Er wurde Geophysiker, Vulkanologe. Feldforschungen führten ihn nach Neuseeland, Indonesien, Nordafrika und in die Antarktis. Als er 2008 eine Ausschreibung bei der ESA sah, bewarb er sich online. Die Chance wollte er sich nicht entgehen lassen.

Fünf Jahre Vorbereitung

Der deutsche Astronaut trainiert in Japan im Kibo-Modul
Der deutsche Astronaut trainiert in Japan im Kibo-Modul

Im Mai 2009 wurde er unter 8413 Bewerbern aus Europa als einer von sechs Astronautenkandidaten der ESA ausgewählt. Sein Traumjob ist nun zum Greifen nahe und er kann sich schon einmal fragen: Wann, mit wem, wie lange?

Gleich nach der Auswahl begann für ihn die zweijährige Grundausbildung. „Zwischendurch“ promovierte er im November 2010 erfolgreich an der Universität Hamburg über den 3794 Meter hohen Mount Erebus in der Antarktis, dem südlichsten aktiven Vulkan der Erde. Drei Monate harrte er hier alleine in der Antarktis aus. Er weiß daher, was Einsamkeit, Durchhaltevermögen, Geduld und körperliche Fitness bedeuten. Alles Tugenden, die für das Leben im Weltraum von großem Vorteil sind. Ein Jahr nach der Promotion, am 18. September 2011, erhielt der Raumfahrteleve auch das begehrte Ticket zur Raumstation ISS.

Der astronautischen Grundausbildung am Europäischen Astronautenzentrum EAC in Köln folgte eine dreijährige Missionsvorbereitung, wo er ein umfangreiches Trainingsprogramm in den Einrichtungen der ISS-Partner absolvierte. Am EAC, seiner Heimatbasis, machte er sich insbesondere mit dem Columbus-Modul, den ESA Experimentieranlagen und dem Raumfrachter ATV (Automated Transfer Vehicle) vertraut.

Im nahe Moskau gelegenen Sternenstädtchen lernte er im Kosmonautenausbildungszentrum „Juri Gagarin“ die russischen Systeme kennen – Raumschiff, Trägerrakete, Module, Raumanzüge – paukte Russisch und absolvierte Überlebenstrainings.

Am kanadischen John H. Chapman Space Centre in Quebec beschäftigte er sich mit dem Roboterarm der ISS. Im nahe Tokio gelegenen Tsukuba Space Center standen die Systeme des japanischen Kibo-Moduls auf dem Programm. Last but not least: Im Johnson Space Center der NASA studierte er die U.S.-amerikanischen Komponenten der Raumstation und trainierte für mögliche Außenbordeinsätze.

Der Aussteiger

Beim Test des Raumanzugs für den Ausstieg in den Weltraum
Beim Test des Raumanzugs für den Ausstieg in den Weltraum

Auf diese Erfahrungen wird er bald aufbauen können, wenn er mit seinem NASA-Kollegen Gregory Wiseman den ersten Außenbordeinsatz absolviert. Er ist derzeit für den 17. Juli geplant und dürfte der Höhepunkt seiner Blue-Dot-Mission werden: Gleich einem Satelliten mit 28 000 Kilometern in der Stunde um den blauen Planeten rasen.

Astronauten, die das „Raumschiff Erde“ aus kosmischer Distanz erblicken konnten, geraten ins Schwärmen oder Philosophieren: Begeisterung, Glück, Faszination, Euphorie über eine exotische Welt majestätischer Schönheit, Dramatik und Einmaligkeit. Wie wird es dem Geophysiker Alexander Gerst wohl ergehen?

Raumfahrer sind Entdecker

Alexander Gerst ist eine Ausnahmeerscheinung. Schon vom Äußeren: Mit seinen 1,88 Metern ist der kahlköpfige, durchtrainierte 38-jährige nicht zu übersehen. Der Naturwissenschaftler hat in den fünf Jahren seiner Ausbildung und Vorbereitung das Fliegen gelernt. Jetzt will er als Wissenschaftsastronaut in der Schwerelosigkeit neue Welten erkunden, Antworten auf altbekannte Fragen finden, neue Phänomene erforschen und dabei sicherlich vieles Unbekannte finden, auf das selbst er noch keine Antwort parat hat. „Wir Raumfahrer sind Entdecker“, sagt er und meint es auch so.

Er ist ein Wissenschaftler, der die Gabe des Entzückens nicht verlernt hat. Was er macht, macht er lustvoll ohne Krampf. Er ist fasziniert von der Raumfahrt und vermag diese Faszination auf das Publikum zu übertragen. Zudem bloggt, twittert, fotografiert er. Ein Öffentlichkeitsarbeiter par excellence.

Botschaft für die Erde

Der Geowissenschaftler sieht die Erde als einen einzigartigen, ganzheitlichen Organismus an, der beschützt werden muss. Seine Botschaft: „Unser Planet ist nur eine kleine, blaue Steinkugel, die da durchs Universum fliegt. Wenn wir diesen Planeten zerstören, dann ist es vorbei. Einen Plan B gibt es nicht.“

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