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Das erste Bild des ASAR-Radars zeigt die antarktische Halbinsel.
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Erste Bilder von Envisat

28/03/2002 753 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Austria

Es ist der erste Höhepunkt im Leben eines Observatoriums: The first light. Das erste Bild. Mit allergrößter Spannung fiebern Wissenschaftler diesem Ereignis entgegen. Am 28. März präsentierte die Europäische Raumfahrtagentur ESA die ersten Bilder des anspruchsvollen Umwelt-Observatoriums Envisat aus 800 km Höhe. Damit haben die ESA-Spezialisten einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zum Routinebetrieb des grössten europäischen Erderkundungssatelliten erreicht. Schaltzentrale der Aktivitäten ist das European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt. Hier laufen alle Fäden für den Betrieb von Envisat zusammen.

Envisat wurde am 1. März mit der Trägerrakete Ariane 5 erfolgreich auf eine Umlaufbahn um die Erde befördert. Der acht Tonnen schwere Gigant soll aus 800 km Höhe Fernerkundungsaufnahmen unseres Heimatplaneten sowie Daten über die Erdatmosphäre liefern. Er wird damit die Arbeit der äusserst erfolgreichen ESA-Satelliten ERS-1 und -2 fortsetzen. Dazu befinden sich zehn verschiedene Instrumente an Bord, die simultan die Landflächen, Ozeane, Eisfelder und die Atmosphäre überwachen.

Äußerst erfolgreiche Inbetriebnahme

Derzeit bereiten die Wissenschaftler und Techniker im European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt das Umweltobservatorium auf seine Mission vor. In der so genannten Commissioning Phase werden alle Systeme von Envisat einschliesslich seiner Instrumente Schritt für Schritt in Betrieb genommen und die Qualität der gelieferten Daten gecheckt. Mit Ausnahme des deutschen SCIAMACHY-Instruments (Scanning Imaging Absorption Spectrometer Chartography), das sich noch in der Aktivierungsphase befindet, arbeiten inzwischen alle Sensoren reibungslos. Sie liefern erste Rohdaten zu den Bodenstationen.

Palle Soerensen, der Ground Segment Manager der Mission im ESOC, freute sich besonders über die erfolgreichen Aktivitäten der ersten vier Tage nach dem Start: "Wir hatten noch nie bei einer Mission einen so reibungslosen Ablauf der so genannten LEOP-Phase (Launch and Early Orbit Phase), bei der alle wichtigen Bordsysteme in Betrieb genommmen wurden. Der vorgegebene Zeitplan konnte in allen Teilschritten eingehalten werden. Der Einschuss von Envisat in die Umlaufbahn erfolgte derart präzise, dass wir 50 % des Treibstoffs bei der Bahnkorrektur einsparen konnten. So steht uns wahrscheinlich eine sehr lange Mission bevor."

Die Rechner liefen heiss

Das erste Bild von MERIS. Es zeigt die Konzentration des Chlorophylls entlang der mauretanischen Küste vor Westafrika.
Das erste Bild von MERIS. Es zeigt die Konzentration des Chlorophylls entlang der mauretanischen Küste vor Westafrika.

Nun wurden aus den Daten der beiden Instrumente ASAR (Advanced Synthetic Aperture Radar) und MERIS (Medium Resolution Imaging Spectrometer) die ersten Bilder generiert und der Öffentlichkeit präsentiert. Die Bilder sind aber nicht nur für die Medien interessant, sondern vor allem für die Wissenschaftler. Sie können aus ihnen Rückschlüsse auf die Arbeit der Bordsysteme ziehen und den Feinabgleich für den späteren Routinebetrieb vornehmen. Die ESOC-Spezialisten sind besonders stolz auf den kurzen Zeitraum, der zwischen Start und Präsentation der ersten Bilder verging.
Andreas Rudolph, der Spacecraft Operations Manager von Envisat, bemerkte dazu: "Wenn man bedenkt, dass wir am Tag nur zehn Kontakte für jeweils zehn Minuten mit dem Satelliten haben, ist der Zeitraum bis zu den ersten Bildern äusserst kurz. Und wir sind mit den bisher erreichten Ergebnissen sehr zufrieden. Unsere Rechner am ESOC liefen heiss, als die realen Daten mit den Simulationen verglichen wurden. Aber jetzt wissen wir, dass Weltraum- und Bodensegment ohne Probleme zusammen arbeiten." Dieser Vorgang ist insofern kritisch, da er ja vor dem Start nicht real durchgespielt werden kann. Mittels Software-Simulation können die Abläufe zwar theoretisch ausprobiert werden, aber die Stunde der Wahrheit schlägt beim ersten realen Test. Dann nämlich, wenn sich der Satellit im Weltraum befindet und die Verbindungen zu den Einrichtungen am Boden geprüft werden.

Noch viel Arbeit bis zum Routinebetrieb

Jetzt müssen noch die Instrumente kalibriert werden. Dabei vergleichen Spezialisten die gelieferten Daten mit bekannten Referenzwerten, anhand derer dann die präzise Einstellung der Sensoren erfolgt. Referenzdaten kommen unter anderem von Sensoren, die sich an Bord von Ballons, Schiffen und Flugzeugen oder am Boden befinden. Sie werden weltweit von den Polen der Erde bis zur Wüste Sahara eingesetzt und liefern zeitgleich zu Envisat punktuelle irdische Vergleichsdaten. Aus beiden Realmessungen – auf der Erde und aus der Erdumlaufbahn – entsteht ein dreidimensionales reales Abbild des Augenblickszustandes der Erdatmosphäre, der Ozeane und der Landoberflächen.

Die Bearbeitung der Daten erfolgt von Spezialistenteams, die im italienischen ESRIN und dem ESTEC in den Niederlanden arbeiten. Im ESRIN (European Space Research Institute) in Frascati werden die Rohdaten gespeichert, Korrekturen unterzogen und je nach den Anforderungen der Fachwissenschaftler zu thematischen Karten, Bildern oder Datensätzen verarbeitet. Envisat wird damit großräumig in bislang unerreichter Genauigkeit festhalten, wie rasch sich unser blauer Planet verändert.

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