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Aus dem Leben eines Kometen
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Jubiläum: Ein Jahr am Kometen

06/08/2015 1210 views 6 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Die ESA hat einen Grund zum Feiern: Seit einem Jahr läuft die Rosetta-Mission nun bereits am Kometen 67P/Churyumov–Gerasimenko. In einer Woche werden die Sonde und der Komet den sonnennächsten Punkt ihrer Reise erreicht haben.

Seit ihrem Start im Jahr 2004 war es für Rosetta eine aufregende Reise mit Blicken auf die Erde, den Mars und zwei Vorbeiflügen an Asteroiden, bis zu ihrem endgültigen Ziel, das sie am 6. August 2014 erreichte. In den darauf folgenden Monaten dieser beispiellosen Mission umkreiste Rosetta den Kometen, und zum ersten Mal in der Geschichte landete eine Sonde – Philae – weich auf einer Kometenoberfläche.

Animierte NavCam-Aufnahmen vom 6. August 2014
Animierte NavCam-Aufnahmen vom 6. August 2014

 

Die Missionsteams sahen sich dabei mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Sie mussten lernen, die Sonde unter völlig unvorhersehbaren Bedingungen und in einer häufig unwirtlichen Umgebung zu steuern. Die Raumsonde sandte eine Fülle wertvoller wissenschaftlicher Daten von diesem faszinierenden Himmelskörper, seiner inneren wie äußeren Beschaffenheit und der ihn umgebenden Wolke aus Staub, Gas und Plasma zurück.

“Bei der Mission geht es um neue wissenschaftliche Erkenntnisse und jeder Tag wirft neue Fragen auf, die es zu verstehen gilt”, erzählt Nicolas Altobelli, Projektleiter der Rosetta-Mission.

“Wir konnten den Kometen nun ein Jahr lang beobachten und haben eine riesige Fülle von Informationen gesammelt. Jetzt freuen wir uns auf ein weiteres Jahr der Forschung.”

Zu einem der Höhepunkte zählte die Erkenntnis, dass der Wasserdampf des Kometen im Vergleich zum Wasser unserer Ozeane einen anderen “Geschmack” aufweist. Dies hat die Diskussion über die Rolle von Kometen und Asteroiden als potentielle Wasserlieferanten in der frühen Erdgeschichte erneut angefacht.

Die Entdeckung molekularen Stickstoffs in einem Kometen lieferte wichtige Hinweise auf die Temperaturverhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung des Kometen. Molekularer Stickstoff war zur Entstehungszeit des Sonnensystems weit verbreitet. Allerdings erforderte es extrem niedrige Temperaturen, um ihn in Eis einzuschließen. Rosettas Messungen lassen daher vermuten, dass Kometen aus dem kalten und weit entfernten Kuipergürtel stammen.

Aufnahmen von ROLIS (ROsetta Lander Imaging System) bei Philaes Abstieg zum Kometen
Aufnahmen von ROLIS (ROsetta Lander Imaging System) bei Philaes Abstieg zum Kometen

Dank der Daten, die Rosetta und Philae während Philaes Landeanflug auf die Kometenoberfläche sammelten, konnten die Wissenschaftler Rückschlüsse darauf ziehen, dass der Kometenkern insgesamt nicht magnetisch ist.

Man geht davon aus, dass Magnetfelder im noch jungen Sonnensystem für die Verlagerung kleiner, magnetisierter Partikel eine bedeutende Rolle spielten. Die Messungen von Rosetta und Philae zeigten jedoch, dass dies nicht mehr der Fall war, nachdem die Partikel sich zu größeren Formationen und meterdicken Blöcken zusammengefügt hatten.

Dies sind nur einige der unzähligen wissenschaftlichen Entdeckungen von Rosetta. Die meisten stammen aus der frühen Phase der Aktivitäten am Kometen.

Nun ist der Komet und mit ihm die Sonde nur noch eine Woche vom Perihel entfernt, dem Punkt, an dem er bei seiner Umlaufzeit von 6,5 Jahren um die Sonne dieser am nächsten kommt. Am 13. August wird er 186 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt sein. Das entspricht etwa einem Drittel der Entfernung zur Sonne im Vergleich zur Entfernung zum Zeitpunkt des Rendezvous im August des vergangenen Jahres.

Comet around perihelion
Comet around perihelion

“Der Zeitraum um das Perihel ist für uns von besonderer wissenschaftlicher Bedeutung, da die Menge ausströmenden Gases durch die Hitze der Sonne auf ein Maximum gesteigert wird. Wir erhalten so wichtige Einblicke in diesen kritischen Zeitraum, der für die Gesamtlebensdauer eines Kometen extrem wichtig ist”, erläutert Nicolas.

“Durch die Veränderungen an der Kometenoberfläche kann beispielsweise neues Material ans Tageslicht treten - Material, das durch die Sonnen- oder kosmische Strahlung noch nicht verändert wurde und uns einen Einblick in die Schichten unter der Kometenoberfläche ermöglicht. Das ist das erste Mal in der Geschichte der Kometenerkundung, dass Oberflächenveränderungen bei stärkerer Aktivität beobachtet werden können.”

In den vergangenen Monaten konnte Rosetta verfolgen, wie sich diese Oberflächenaktivitäten verstärkten. Dabei erwärmte sich das Eis des Kometen, verwandelte sich in Gas, das ins All strömte und Kometenstaub mitriss. Das Gas und der Staub bildeten eine unregelmäßige Atmosphäre bzw. Koma um den Kern herum und einen langen Schweif, der sich 120.000 Kilometer in den Weltraum erstreckt und nur aus der Ferne beobachtet werden kann.

Von ihrem einzigartigen Logenplatz aus kann Rosetta erkunden, wo und wann die Aktivitäten auf der Kometenoberfläche sich verstärken. Im Frühjahr 2015 näherte sich die Raumsonde dem Kometen bis auf sechs Kilometer, um Messungen durchzuführen. Allerdings ist die Menge an ausgestoßenem Gas und Staub in den vergangenen Monaten stark angestiegen. Rosetta beobachtet den Kometen daher nun aus einer sicheren Entfernung von 250–300 Kilometer. 

Comet on 30 July 2015 – NavCam
Comet on 30 July 2015 – NavCam

 “Seit der Annäherung an das Perihel sind die Arbeiten in Kometennähe eine besondere Herausforderung: die große Menge an Kometenstaub behindert die Sternenkameras von Rosetta. Ohne sie kann die Sonde sich nicht korrekt im Raum ausrichten”, erklärt Sylvain Lodiot, Leiter des Rosetta-Flugkontrollteams.

“Alle beteiligten Teams, einschließlich des Kontrollzentrums, der Flugdynamik und der Wissenschaftsteams, mussten sich schnell an diese Bedingungen anpassen. Wir mussten die Steuerung der Sonde völlig überdenken und wissenschaftliche Experimente innerhalb weniger Tage oder Wochen planen. Das war zwar eine größere Herausforderung, macht die Mission aber umso spannender.”

Ein wichtiger Aspekt der Langzeitstudie von Rosetta ist die Beobachtung der nachlasssenden Aktivitäten auf der Kometenoberfläche in den Monaten nach dem Perihel. Möglicherweise kann Rosetta sich dann dem Kometenkern wieder annähern und beobachten, wie die Oberfläche sich nach der Annäherung an die Sonne verändert hat.

“Ein Jahr nach der Ankunft hat Rosetta zahlreiche unvergleichliche Erfolge errungen: die Landung von Philae, die wissenschaftlichen Entdeckungen und deren Veröffentlichung ”, erzählt Patrick Martin, Rosetta-Missionsmanager

“Die wissenschaftliche Erkundung wird noch bis ins kommende Jahr andauern, wenn wir das Verhalten des Kometen nach dem Perihel beobachten. Und dann steht auch noch das große Finale an, wenn wir im September 2016 den Orbiter auf der Kometenoberfläche landen wollen.”

Hinweise für Redakteure

Ein Google+ Hangout zum einjährigen Jubiläum und zum Perihel ist für den 13. August 2015 um 13:00–15:00 GMT (15:00–17:00 CEST) angesetzt. 

Werfen Sie einen Blick in unsere neue Bildergalerie “Jahr des Kometen”.

Erfahren Sie in unseren FAQ mehr über das Perihel.

Über Rosetta

 

Rosetta ist eine ESA-Mission, zu der auch die ESA-Mitgliedsstaaten sowie die NASA beitragen. Rosettas Lander Philae wurde von einem internationalen Konsortium unter Leitung von DLR, MPS, CNES und ASI entwickelt.

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