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Telemedizinisches Gerät Tempus Pro
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Telemedizin hilft Spanien an vorderster Front

11/05/2020 553 views 3 likes
ESA / Space in Member States / Germany

In Barcelona, Spanien, kommt derzeit echte Weltraumtechnologie zum Einsatz: Notfallhelferinnen und Notfallhelfer verwenden zwei von der ESA bereitgestellte telemedizinische Geräte zur Diagnose und Behandlung von besonders kritischen Patienten.

Mithilfe von Tempus Pro-Geräten können u.a. Ultraschalle, Laryngoskopien und Elektrokardiogramme direkt vor Ort durchgeführt werden und ermöglichen die Überprüfung von Vitalparametern eines Patienten wie Herzfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz und Temperatur, bevor diese Daten an ein medizinisches Fachpersonal an anderer Stelle übermittelt werden. Der Datentransfer erfolgt über eine sichere Satellitenverbindung oder ein Telefonnetz wie z.B. 4G.

Tempus Pro unterstützt Notfallteams in Spanien
Tempus Pro unterstützt Notfallteams in Spanien

Ursprünglich wurde Tempus Pro als telemedizinisches Gerät für kommerzielle Fluggesellschaften konzipiert. Die ESA hat es daraufhin weiter entwickelt, um es als einen leichtgewichtigen All-in-one-Monitor mit telemedizinischen Funktionen für medizinisches Fachpersonal zur Verfügung zu stellen.

Die beiden Tempus Pro-Geräte, die derzeit an den katalanischen Notfalldienst Sistema d'Emergències Mèdiques (SEM) ausgeliehen wurden, werden normalerweise von den Ärzten des Europäischen Astronautenzentrums (EAC) der ESA verwendet, um den Zustand der Astronautinnen und Astronauten bei ihrer Rückkehr zur Erde zu ermitteln und weiterzuleiten. In Barcelona werden die Geräte von den Notfallhelfern für ihre einfache Bedienung und Konnektivität sehr geschätzt.

Verbesserte Versorgung durch Know-how aus der Ferne

Spanien ist eines der Länder, die von der aktuellen COVID-19-Pandemie besonders stark betroffen ist. Allein in Katalonien wurden zu diesem Zeitpunkt 47.755 Corona-Fälle registriert, was sämtliche Ärzte und Einsatzkräfte unter großen Druck setzt.

Für ESA-Flugarzt Sergi Vaquer Araujo und Roger Huerta Lluch, Ingenieur für medizinische Projekte, war die Entscheidung, die Geräte für die Dauer des COVID-19-Ausbruchs an das SEM auszuleihen, schnell getroffen. Nach einer erfolgreichen Fern-Schulung durch das Europäische Astronautenzentrum der ESA in Köln, freuen sie sich, Tempus Pro dort im Einsatz zu sehen, wo es am meisten gebraucht wird.

„Die beiden Tempus-Geräte wurden in sogenannten intermediären Krankenwagen eingesetzt”, erklärt Sergi. „Jeder dieser Krankenwagen ist mit einer Krankenschwester und einem Sanitäter besetzt, die aus der Ferne medizinische Unterstützung von einem Intensivpflegespezialisten erhalten. Durch den Einsatz von Tempus sind diese Teams in der Lage, sich um die kritischsten Patienten zu kümmern und ein höheres Versorgungsniveau zu erreichen, ohne dass ein Arzt vor Ort sein muss”.

Unterstützt wird dies von Arnaud Runge, ESA-Instrumentierungsingenieur, der die Entwicklung von Tempus Pro durch die in Großbritannien ansässige Firma Remote Diagnostic Technologies (RDT) im Rahmen des ESA-Programms für Geschäftsanwendungen beaufsichtigte.

„RDT hat während der COVID-19-Krise einen Anstieg der Aufträge gemeldet, wobei viele die Fähigkeit, Fachwissen aus der Ferne zu liefern, ohne dass die Ärzte auf ein Fahrzeug beschränkt oder direkt der COVID-19-Umgebung ausgesetzt sind, als ausschlaggebend für ihre Hilfeleistung sehen. Die Raumfahrt beweist so erneut ihre große Bedeutung für unser alltägliches Leben”, fügt er hinzu.

Tempus Pro im Einsatz

An Tempus Pro angeschlossenes Headset
An Tempus Pro angeschlossenes Headset

Der auf Notfall- und Intensivpflege spezialisierte Krankenpfleger Borja Violant Gomez ist Teil des SEM-Teams, das jetzt mit dem Tempus Pro-Gerät in Barcelona arbeitet. Für ihn hat es einen dreifachen Vorteil: die einfache Handhabung, Funktionalität und Konnektivität.

„Wir sagen immer, dass in Notfällen die kleinen Details den größten Unterschied ausmachen können”, so Borja. „Die Durchführung einer Endotrachealen Intubation (Tracheal intubation) in einem Operationssaal unterscheidet sich sehr stark von der Durchführung desselben Verfahrens in einem Unfallwagen mit einem eingeklemmten Opfer. Jede Vereinfachung und Reduzierung des Gewichts und der Größe der wesentlichen medizinischen Ausrüstung ermöglicht eine bessere Versorgung in schwierigen Umgebungen. ”

Borja ist auch von der intuitiven Benutzeroberfläche des Geräts begeistert, die es leicht zu erlernen und zu bedienen macht: „Bei unserer täglichen Arbeit gilt es oft, Zeit zu gewinnen, bis wir eine Diagnose und Behandlung erhalten können. Aufgrund der kritischen Natur unserer Patienten erhöht jegliche Zeit, die wir einsparen können, die Überlebenschance eines Patienten. Im Falle eines Herzinfarktes ist ein frühes und klares Elektrokardiogramm für eine optimale Versorgung unerlässlich, und Tempus macht das möglich”. 

Eine wahrhaft europäische Initiative

Die Tempus Pro-Geräte werden zunächst für drei Monate an das SEM ausgeliehen und während dieser Zeit vom professionellen Team des medizinischen Notdienstes sorgfältig beurteilt.

Obwohl der aktuelle Bedarf als nicht so dringend wie in Spanien erachtet wurde, untersucht die ESA auch das Potenzial für den Einsatz der Tempus Pro-Geräte in Köln, dem Sitz des Europäischen Astronautenzentrums. 

Es handelt sich dabei um eine Initiative, die vom Vizebürgermeister der Stadt, Ralf Heinen, unterstützt wird: „In diesen schwierigen Zeiten ist jede Unterstützung durch medizinische Geräte wertvoll. Ich freue mich deshalb, dass die ESA-Astronautenzentrum EAC unserer Partnerstadt Barcelona, die besonders schwer durch die Corona-Pandemie getroffen wurde, helfen konnte. Das ist allerbeste gelebte europäische Solidarität.”

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