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Die neue Antenne misst 4,5 m im Durchmesser.
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Neue Missionen in "Down Under" verfolgen

26/11/2015 1239 views 5 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Für Strandliebhaber ist die unberührte Australische Westküste ein idealer Ort zum Sonnenbaden. Sie eignet sich auch ideal zum Auffangen der Signale erst kürzlich gestarteter Raketen und Satelliten – das ist einer der Gründe, warum die ESA ihre Satellitenbeobachtungseinrichtungen in Down Under erneuert.

Wenn Raketen ihre kostbare Satellitenfracht vom Europäischen Raumhafen in Kourou, in Französisch Guyana, aus ins All befördern, dann starten sie normalerweise nach Osten über den Atlantik und steigen dabei jede Sekunde immer höher und schneller.

Etwa 50 Minuten nach dem Start kann eine neue Mission von West-Australien aus beobachtet werden, wenn sie über den Horizont des Indischen Ozeans empor steigt und einen Bogen ins All schlägt.

Bis der Satellit sich von der letzten Stufe der Trägerrakete trennt, um seine Arbeit im Erdorbit aufzunehmen, fliegt er mit einer Geschwindigkeit von etwa 28.000 km/h und liegt bereits im Funkhorizont Australiens.

New Norcia in Westaustralien
New Norcia in Westaustralien

 

Im Frühjahr 2016 wird eine neue Empfangs-Parabolantenne in der bestehenden ESA-Bodenstation New Norcia in West-Australien in Betrieb genommen, um die ersten Signale neu gestarteter Missionen aufzufangen.

Erfassung und Einbindung

In New Norcia wird derzeit eine große Parabolantenne mit 35 m Durchmesser betrieben. Sie wird für Missionen im tiefen Raum eingesetzt wie beispielsweise Rosetta, Mars Express und Gaia, bei denen die Sonden typischerweise viele hundert Millionen Kilometer weit in den Weltraum vordringen.

Für den Empfang von Signalen “frisch” gestarteter Satelliten im niedrigen Erdorbit ist ihre Größe und die damit verbundene Technologie eher ungeeignet.

Die neue Antenne misst lediglich 4,5 m im Durchmesser. Mit ihr kann die erste kritische Phase von Missionen im Orbit (siehe Liftoff: ESOC übernimmt die Kontrolle), bis zu einer Entfernung von etwa 100.000 km verfolgt werden. Außerdem kann sie die viel größere 35-m-Schüssel auch als ‘Slave’ einbinden, d.h. sie wird dann eingesetzt, um Entfernungs- und Telemetriedaten – Statusinformationen an Bord – jedes neu gestarteten Raumfahrzeugs zu erfassen.

Das Missionskontrollteam verfolgt den Start von MSG-4 im ESOC in Darmstadt
Das Missionskontrollteam verfolgt den Start von MSG-4 im ESOC in Darmstadt

“Die neue kleinere Antenne verfügt über ein wesentlich breiteres Sichtspektrum für Satellitensignale als ihre große 'Schwester' mit 35 m Durchmesser. Sie unterstützt die so genannte ‘high dispersion spacecraft injection’ (Aussetzen von Raumfahrzeugen mit hoher Dispersion) – also das Erfassen eines Signals, selbst wenn die neue Position eines Satelliten nicht exakt bekannt ist”, erklärt Gunther Sessler, ESA Projektmanager für die neue Antenne.

“Die neue Antenne bietet eine Notfallunterstützung, indem sie schnelle Suchdurchläufe am Himmel durchführt, falls die Position eines Satelliten nach der Stufentrennung völlig unbekannt sein sollte. Dies kann vorkommen, wenn die Trennungsstufe zu viel oder zu wenig Leistung bringt”.

Abgesehen von der Satellitenbeobachtung kann die neue Parabolantenne auch Transportraketen beobachten und unterstützt die komplette Familie von Raketen der ESA von Arianespace, einschließlich der Ariane 5, Vega und Soyuz sowie viele weitere.

Estrack-Evolution

 

Die Erneuerung war angestoßen worden, da die Signalempfangseinrichtung verlagert werden musste. Bislang wurde dieser Dienst von der Erdbeobachtungsstation der ESA in Perth, Australien, nur etwa 140 km südöstlich von New Norcia bereitgestellt. 

Die Station in Perth
Die Station in Perth

Aufgrund der Stadtentwicklung und der regelmäßigen Anwesenheit von Übertragungswagen des Fernsehens, war der Standort nicht mehr zu halten. Die Interferenzen zwischen den Funktransmissionen der Station und den Fernsehsignalen waren einfach zu groß, und der Anspruch der Medienunternehmen mit ihrer mobilen Berichterstattung das gesamte Stadtgebiet von Perth abzudecken, ist sicherlich berechtigt.

Durch die Erneuerung ist sichergestellt, dass das Bahnverfolgungsnetz der ESA – Estrack – weiterhin essentielle Sattelitenservices auf den am häufigsten benutzten Strecken anbieten kann.

“Mit der Schließung der Bodenstation in Perth hätte die ESA ihre Möglichkeit eingebüßt, Raketenstarts von West-Australien aus zu unterstützen, was ein wichtiges Kriterium bei den meisten europäischen Missionen ist”, sagt Manfred Lugert, Manager der Bodenstationen bei der ESOC, dem Operationszentrum der ESA in Darmstadt.

Vollständiger Betrieb der neuen Antenne ab Frühjahr 2016

 

“Die neue Antenne befindet sich bei der bestehenden New Norcia Tiefraum-Parabolantenne und übernimmt die meisten der Aufgaben der Bodenstation von Perth. Im Vergleich zur Anlage in Perth bietet sie sogar einiges mehr, wie beispielsweise eine Weitwinkel-Signalerfassung und sie kann die große Tiefraumantenne sogar in einer Master-Slave-Konfiguration steuern.”

Die Antenne wurde wartungsarm konzipiert und die Betriebskosten belaufen sich auf ein Minimum. Sie kann in einen ‘Winterschlaf-Modus’ wechseln, wenn sie zwischen den Raketenstarts nicht benötigt wird. Auf lange Sicht reduziert das die laufenden Kosten auf ein absolutes Mindestmaß.

Die Bodenstation in Perth bleibt noch bis Ende 2015 in Betrieb. Dann wird sie abgerissen und viele Komponenten in anderen ESA-Bodenstationen wiederverwertet.

Die neue Antenne wurde Mitte 2015 in New Norcia in Betrieb genommen und durchläuft nun zahlreiche Tests und Validierungen, bevor sie im Frühjahr 2016 vollständig in Betrieb geht. Für die Bahnverfolgung beim Start der Galileo-Missionen und für ExoMars im März 2016 ist ihr Einsatz bereits fest eingeplant.

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