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ESA Generaldirektor Jean-Jacques Dordain über das Apollo 11 Jubiläum

20/07/2009 509 views 0 likes
ESA / Space in Member States / Germany

Der Generaldirektor der ESA, Jean-Jacques Dordain im Gespräch über die Bedeutung des Apollo Jubiläums und die weitere Erkundung des Mondes.

 

 

 

 

Vor vierzig Jahren betrat zum ersten Mal ein Mensch den Mond. Welche Bedeutung hatte dieses Ereignis?

Was hat dieser Schritt damals bedeutet? Dass die US-amerikanische Technologie der sowjetischen überlegen war, denn es war die Flagge der USA, die auf dem Mond aufgestellt wurde. Heute können wir dieses Ereignis jedoch meiner Meinung nach unter einem völlig anderen Blickwinkel betrachten. Die Tatsache, dass die amerikanische Flagge als erste auf dem Mond aufgestellt wurde ist nicht mehr das Wichtigste. Ich glaube, das Bedeutendste und das, woran man sich wesentlich länger erinnern wird ist, dass Astronauten den Planeten Erde vom All aus entdeckten. Für sie sah die Erde wie ein kleiner, im Universum schwebender Golfball aus. Sie brachten den Gedanken mit zurück, dass wir eine globale Zukunft vor uns haben, dass wir uns die Zukunft der Erde global und nicht individuell vorstellen müssen. Das ist die heutige Bedeutung und sie weicht stark von der vor vierzig Jahren ab.

Wird die Menschheit auf den Mond zurückkehren? Und wenn ja, wann und mit welchen Mitteln?

Der Mond von der Sonde Rosetta gesehen.
Der Mond von der Sonde Rosetta gesehen.

Ja, ich bin überzeugt davon, dass die Menschheit auf den Mond zurückkehrt. Der Mond liegt nur drei Tage von der Erde entfernt und noch vor wenig mehr als hundert Jahren dauerte eine Reise von Paris nach Marseille genauso lang. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, warum wir nicht wieder zum Mond fliegen sollten. Das Ziel wäre jedoch nicht mehr, dort eine Flagge aufzustellen, sondern den Mond als einen weiteren Teil unserer Umwelt zu betrachten, den wir für wissenschaftliche Fortschritte, die Einrichtung eines Warnsystems gegen Asteroide oder andere Bedrohungen für die Erde oder als Ressourcenquelle nutzen sollten. Mir scheint, der Mond ist ganz einfach ein Teil unserer Umwelt und ich bin sicher, dass Menschen auf den Mond zurückkehren werden – aber sie werden sich gemeinsam auf den Weg dorthin machen und nicht vor dem Hintergrund zweier miteinander im Wettbewerb stehender Länder.

Wird Europa auf den Mond zurückkehren? Und wenn ja, wann und mit welchen Mitteln?

Ich bin überzeugt davon, dass die Menschheit auf den Mond zurückkehrt.

Ich glaube, Europa wird an einer internationalen Mondexploration beteiligt sein, aber wir wissen heute noch nicht, mit welchen Mitteln. Hier muss eine Entscheidung auf politischer Ebene, nicht auf Ebene der ESA getroffen werden. Denn Europa ist heute auf andere angewiesen, wenn es mit Astronauten zum Mond fliegen möchte. Und weil wir uns in dieser Abhängigkeit befinden, ist es uns nicht möglich, die Initiative zu ergreifen. Wir können nur einen Beitrag zu einem Explorationsprogramm unter amerikanischer Führung leisten. Sicherlich kann Europa interessante Technologien in Bereichen einbringen, in denen wir meines Erachtens führend sind, aber dabei ergreifen wir keine Initiativen. Das erste Szenario besteht also aus einem europäischen Beitrag zu einem Explorationsprogramm unter amerikanischer Führung.

Ein zweites Szenario bestünde darin, dass Europa sich die notwendigen Kapazitäten verschafft, um die Initiative ergreifen zu können. Dabei handelt es sich jedoch um einen völlig anderen Ansatz, für den zuerst neue Fähigkeiten erworben werden müssten, allen voran ein Mannschaftstransportsystem. Dies würde jedoch eine Entscheidung auf höchster politischer Ebene sowie politische Gespräche über die europäische Einstellung zu einem Mondexplorationsprogramm erfordern.

Wann? Meiner Meinung nach hängt dies in erster Linie von den aktuellen Plänen der USA ab. Diese sehen derzeit eine erste Mannschaft auf dem Mond für 2020 vor. Ich denke jedoch, dass das Datum hierbei nicht die größte Rolle spielt. Wir sprechen hier nicht mehr über einen Wettlauf, d. h. wir haben Zeit. Lässt sich dieser Plan nicht für 2020 verwirklichen, dann eben für 2025 – das spielt letztlich keine Rolle. In hundert Jahren wird es niemanden mehr interessieren, ob wir 2020 oder 2025 auf den Mond zurückgekehrt sind, weshalb wir bei der ESA der Wissenschaft und kurzfristigen Diensten für Bürger eine wesentlich höhere Bedeutung beimessen. Ich bin jedoch der festen Überzeugung, dass der Mensch auf den Mond zurückkehren wird – ob in 10 oder vielleicht auch erst in 20 Jahren, das spielt keine Rolle.

Warum aber in einer schwierigen Finanzlage Geld für den Mond ausgeben?

Die Erde ist nicht isoliert und ihre Zukunft kann auf lange Sicht nicht ohne die Berücksichtigung unserer Umwelt erwogen werden.

Aus mehreren Gründen. Erstens, weil die Erde nicht isoliert ist und ihre Zukunft auf lange Sicht nicht ohne die Berücksichtigung unserer Umwelt erwogen werden kann – und der Mond und Mars gehören zu dieser Umwelt. Der erste Grund besteht also in einer langfristigen Vorbereitung auf die Zukunft.

Der zweite Grund liegt in der Entwicklung innovativer Technologien. Für eine Reise zum Mond müssen wir zahlreiche Technologien entwickeln, die heute noch nicht existieren, wie z. B. das Recycling von Ressourcen. Wir können nicht jeden Liter Wasser und Sauerstoff und jedes Kilogramm Lebensmittel, die die Astronauten für ein Leben auf dem Mond brauchen werden, dorthin mitnehmen. Dies bedeutet, dass wir in der Lage sein müssen, so viele Ressourcen wie möglich auf dem Mond zu recyceln, um dort Wasser und Sauerstoff produzieren und Pflanzen anbauen zu können. Diese Technologien, an denen wir bereits arbeiten und die für einen Außenposten auf dem Mond unerlässlich sind, werden zahlreiche Konsequenzen für die Ressourcennutzung auf der Erde nach sich ziehen.

Und der dritte Grund ist, dass wir herausfordernde Projekte für jüngere Generationen brauchen, um die besten Nachwuchstalente für Natur- und Ingenieurwissenschaften zu gewinnen. Leider zeigen begabte junge Menschen in den meisten Industrieländern ein Desinteresse für diese Bereiche, aber ich bin überzeugt, dass diese Projekte dazu beitragen können, sie für Natur- und Ingenieurwissenschaften zu begeistern.

Wo waren Sie, der Generaldirektor der ESA, als vor vierzig Jahren die ersten Menschen auf dem Mond landeten und was ging Ihnen d

Ich erinnere mich noch sehr genau, wo ich war. Ich saß die ganze Nacht vor meinem Fernseher. Ich erinnere mich auch, dass ich am 20. Juli um die Mittagszeit mein Ingenieursdiplom erhielt. Endlich war ich Ingenieur und um das zu feiern, ging ich erstmal in den Urlaub. In jener Nacht befand ich mich im Südwesten Frankreichs in einem winzigen Dorf und schaute fern. Damals erschien mir das Ganze wie ein Traum, ein technologischer Triumph, und ich bin nicht sicher, ob ich mir über die Folgen dessen, was ich da erlebte, wirklich im Klaren war. Ich denke, ich genoss einfach diesen Augenblick, ohne zu viele Lehren daraus zu ziehen. Aber zugleich wurde ich Ingenieur mit der Möglichkeit, in der Raumfahrt zu arbeiten und da bin ich noch heute!

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